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Das Nachleben der Antike in> Mittelalter.

siebenzehnten Jahrhunderts die IMrderini mit den dardari in
Verbindnng bringt.

Nicht ans strengen, ost nberstrengen Sittenpredigten, dic
gerade dnrch die Leidenschaft ihres Tones die weite Verbreitnng
des Uebels, welches sie bekämpfen, darthun, nicht aus verein-
zelten Bildwerken untergeordneter Kunsthandwerker, sondern aus
dem Grundcharakter der mittelalterlichen Kunst und den all-
gemein herrschenden Anschanungen mnß das Wesen der mittel-
alterlichen Kunstbildung erläutert werden. Wer dieses mit un-
besangenem Sinne versucht, erkennt vielleicht zu seiner größten
Ueberraschung, daß die Antike niemals, am wenigsten in den
angeblich sehlimmsten Zeiten der mittelalterlichen Barbarei aus-
gehvrt hat, einen nachhaltigen Einfluß auf die knnstlerische
Phantasie zu üben.

Die wechselnden Bedürfnisse, die veründerten Aufgaben
zwangen zwar den mittelalterlichen Künstler, vielfach selbstündig
zu denken und zu schafsen. So legte die christliche Cultusform
dem Architekten die Verpflichtung anf, für weite geschlosfene
Binnenrüume zu sorgen, wclche einc größere Zahl kirchlicher
Genieindeglieder in sich fassen können. Der griechische Tempel,
die einfache Behaufung des Götterbildes, erscheint in vielen
Füllen neben der christlichen Kirche nnr in der Größe einer
Kapelle gehalten. Die Anlage ausgedehnter Hallen lenkt dann
wieder die Aufmerksamkeit des Baumeisters auf die richtigste
und sicherste Deckenform; Gewölbekonstruktionen werden gefncht
und geprüft, schwierigere technifche Probleme mit Eifer erörtcrt,
mit Glück gelöst. Auch im Kreise der Plastik und Malerei
verlangen zahlreiche neue Jdeale ihre Verkörperung. Der christ-
liche Glaube verherrlicht maßloses Leideic und unncnnbaren
Schmerz, setzt den Bruch mit dem unmittclbaren Dasein als
Bedingung dcs Heiles voraus und ergeht sich mit Vorliebe in
Stimmnngen, von deren künstlerischer Frnchtbarkcit das Alter-
thnm wenig wußte. Jn allen folchen Füllen konnte das letztere
natürlich nicht das Vorbild abgeben. Bei jenen Zügen des
Knnstwerkes jedoch, welche ganz nnmittelbar aus der Phantasic
hcrvorguellcn, wo der Künstler nngestört von Bcdürfnißfragen,
technischen Sorgen und rcligiösen Nücksichten ansschließlich feinem
Schönheitssinn nachgehen kann, da hat gewiß anch das Muster
der Antike seinen Antheil an der Schöpfung.
 
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