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Sodoma iu Sima. Ausgaug der Sieuescr Schule.

dor Prcüd zukommt, soivohl wegcn der ausdrucksvollen Schöuheit der drei Frauen, ivie wcgcu
der voruehm reichen Dekoration;. das Oratorium S. Bernardino bedachte er mit Einzel-
figureu von Heiligen und mit Bilderu aus dem Leben Mariä, das Rathaus mit drei Heiligen,
welchen die Begleituug der Amoretten ein recht weltliches, aber das Auge entzückendes Ansehen
vcrleiht (Fig. 224). Gegen seine Freskeu treteu seine Tafelbilder zurück. Sie zeigen wenigstens
keine Borzüge, welche mau nicht schon au seiuen Wandgemälden bewundert. Auch hier er-
scheinen Einzelgestalten, lvie der h. Sebastian in den llffizieu, die Madonna mit dem Lamme
in der Brera deun am besten gelungeu.

Zlußer Sodoma besaß Siena am Anfange des 16. Jahrhunderts noch mehrere tüchtige
Maler, welche zum Teil Sodomas Eiuflusse sich uuterwarfen; so namentlich Girolamo del
Pacchia (1477 bis nach 1535), dessen Marieuleben im Oratorium S. Bernardino, ohne
iu der Erfiuduug origiuell zu seiu, äußerlich doch deu Vergleich mit deu besten florentiner
Fresken wohl aushält. Auch der Architekt Baldassare Peruzzi (s. S. 162) versuchte sich
iu seiner Baterstadt (Kirche Fonte giusta) und in Rom (Farnefiua, Konscrvatorenpalast und
S. Maria della Pace) in der Malerei. Jhn hemmte in der freien Entfaltuug seiner Kraft
die vorwiegcud architektouische Schuluug der Phantafie. dlusgezeichnet in perspektivischen Schil-
derungcn uud in dekorativer Malerei, zeigt er doch in den figürlichen Darstellungen leicht eine
gewifse Kälte. Berhüugnisvoll war für ihu, wie für einen auderen Sienesen, den sog. Beccafumi
(? 1486—1551), welchem die Zeichuungen zum eiugelegten und niellierten Marmorfußboden
im Chore des Domes (Leben Moses) einen berühmten Namen machten, die Nachbarschaft der
großen Meister. Sie mußten diese nachahmen, kouuten sie uicht erreichen, verloren ihr Eigentum,
gcwannen keine großen Schätze.

Mit Andrea del Sarto drohten dem Raffael seine Feinde: »das Bürschchen in Florenz
würde ihn weidlich schwitzen machen, wenn es vor größere Aufgaben gestellt würde«. Sodoma
gilt als glücklicher Nebeubuhler Raffaels. Gauz uahe kommt dem großeu Urbiner in eiuzelnen
Schöpfungcn Fra Bartolommeo. Gewiß darf das Kunstvermögen dieser Männer nicht gering
augeschlagen werden. Doch muß man es bezweifeln, daß bloß äußere Umstäude sie ain Er-
klimmen des höchstcn Gipfels hinderten. Jhuen allen fehlt doch, was allein groß macht, die
Kraft des felbständigen Eiugreifcus in die künstlerische Bewcgung auf Grund der cigeuen un-
bezwinglichcn dcatur.

3. Leonardo, Michelangelo nnd Raffael.

Es kommt uicht bloß in der Geschichte der Staaten vor, daß ivir auf mächtige Pcrsöu-
lichkciten stoßeu, welche mit einemmal das Schicksal der Völker wendeu, so daß mit ihrcm Auf-
trcten cinc neue Zeit beginnt uud, während sie lebeu, sie allein den ganzen Raüm ausfüllen,
neben ihnen alles unbedeutend, untergeorduet erscheint. Auch die Knnstgeschichte verehrt Heroeu,
die durch ihre gewaltige, allumfassende Persönlichkeit den Gang der Kunst auf lauge hin
bestimmen, die alten Bahnen vollenden, neue eröffnen. Als solche Helden treten uns in der
Nenaissanceperiode Leouardo da Vinei, Michelangelo Buonarroti, Raffael Santi entgegen. Sie
fanden den Boden für ihre Wirksamkeit wohl vorbereitet. Es giebt wenige Züge in ihren
Werken, welche nicht ältere Künstler ivenigstens angedeutet hätten, schwerlich eine von ihnen
eingeichlagene Richtung, für Ivelche nicht Vorläufer nachgewiesen werden könnten. Sie wnrzeln
in Wahrheit in ihrer Zeit und wachsen organisch ans der früheren Kunst heraus. Ohne diesen
Zusammenhang hätten sie ja nimmermehr den großen Einsluß gewiuneu und die gewaltige
Herrschaft über die Zeitgenofsen erringen können. Jmmerhin empsängt man im Angesichte
 
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