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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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VIII. und IX. Lieferung (Dezember 1914, Kriegsheft)
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Frimmel, Theodor von: Bilderschicksale: Vortrag, gehalten zugunsten des Roten Kreuzes am 8. November 1914 in Wiener-Neudorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0200
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Anhäufungen von fertigen, unfertigen Gemälden, Studien und Skizzen
sind auch bei schaffenden Künstlern zu finden, namentlich bei solchen,
denen es versagt war, bald zu Namen zu kommen und rasch ihre Werke
zu verkaufen. Bei manchen Malern hängen alle Wände ganz ruhig voller
unverkaufter Bilder. Nicht selten kommen sie erst bei einer Nachlaß-
versteigerung in Bewegung oder wenn sie von reichen Erben verschenkt
werden.
Bei den schaffenden Künstlern selbst angelangt, können die ersten
gewöhnlichen Schicksale der Bilder sogleich einigermaßen skizziert
werden. Der Maler schafft entweder nach eigener innerer Anregung, seinem
Trieb folgend, oder er erhält einen Auftrag. Für das freiwillig Geschaffene
muß er erst einen Käufer suchen. Der Auftrag wird mit oder ohne Lust,
mit Verständnis für das Gewünschte oder mit widerstrebendem Eigensinn
ausgeführt, abgeliefcrt, von Freunden und Feinden kritisiert, in manchen
Fällen vom Besteller zurückgewiesen, in den meisten Fällen angenommen
und im Zimmer, im Saal, an der Wand, an der Decke angebracht. Ge-
wöhnlich wird das Bild auch in einer oder in mehreren Ausstellungen
gezeigt.
Wird es vom Besteller angenommen, so hat es zumeist für einige Zeit
Ruhe. Wird es nicht angenommen, so entsteht gewöhnlich ein Rechtsstreit.
Ich erinnere in diesen beiden Beziehungen an die vielen Gemälde, die bei
mehreren Künstlern, nicht zuletzt bei Munkäcsy, Canon, G. Klimt, für
die Hofmuseen in Wien bestellt, bezahlt und angenommen worden sind,
wogegen sich bei der Ablieferung der bestellten Klimtschen Bilder für
die Decke der Aula in der Wiener Universität langwierige, höchst un-
erquickliche Streitigkeiten ergaben, die darauf hinausliefen, daß die Klimt-
schen Bilder nicht an der Decke befestigt wurden. Zwei davon, die Juris-
prudenz und Medizin, kamen in der Folge zu Baronin Editha v. Mautner
und Kolo Moser, bei denen ich sie vor einigen Jahren gesehen habe und
die sie wohl noch heute bei sich haben dürften. [Die »Philosophie^ war
1909 bei August Lederer in Wien. Vorher war sie zuerst in der Wiener
»Sezession« ausgestellt, dann 1900 in der Pariser Weltausstellung und
in überarbeitetem Zustand wieder in der Wiener Sezession. Alle oder ein-
zelne der Universitätsbilder waren auch in Berlin 1907 bei Keller & Reiner
zu sehen und 1911 in Rom.]
Ausstellungen überhaupt sind in diesem Zusammenhänge als
Massenanhäufungen von Bildern noch besonders hervorzuheben. Die
großen allvölkischen Schaustellungen in den Hauptstädten, z. B. die Mün-
chener Glaspalastausstellungen, die Pariser Salons usw., tun es ja niemals
unter einigen Tausenden von Nummern, die der Mehrzahl nach Gemälde
sind. Heute gehört schon ein ganz eigenes Studium dazu, die unglaublich
vielen Ausstellungen, von Argentinien angefangen durchs ganzeLänderalphabet
bis Österreich, Norwegen, Schweden usw. z. B., Ungarn nur einigermaßen
zu überblicken, ln jeder großen Kunststadt gibt es Künstlerhäuser, Sezes-
sionen und andere Künstlervereinigungen und es beeilen sich die Kunst-
handlungen, junge Malertalente durch Ausstellungen bekannt zu machen.
Die Schicksale der Bilder in den Ausstellungen sind Ihnen sicher
recht geläufig, besonders in bezug auf die Aufnahme durchs Publikum,
durch Künstler und Kritiker. Wie da ein und dasselbe Bild in den Himmel
 
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