18
schrieben. Das Wägeichen war vielleicht Amors Triumphwagen oder eine
Anspielung darauf, angeregt durch Petrarcas Trionfi, die damals, in der Zeit
der Hochrenaissance, doch in ganz Italien und gewiß in den humanistischen
Kreisen Venedigs bekannt und beliebt waren.
Durchaus gezwungen wäre es, annehmen zu wollen, daß die zwei
Bildnisse in einer unveränderlichen Fläche nebeneinander gemalt gewesen
wären und daß sie in einer Schachtel gesteckt hätten, deren Deckel mit der
„Carretta" verziert war. Die Schachtel müßte dann überdies von einem
Lederfutteral umgeben gewesen sein, womit sich die Unwahrscheinlichkeiten
häufen würden. Am meisten hat die Annahme eines kleinen Diptychons für
sich mit zwei Bildnissen einander gegenüber, deren Kehrseiten bemalt wurden,
Das Ganze, zusammengeklappt, paßte in ein Lederfutteral, auf dem man ein
Wägelchen und reichliche Goldverzierungen erblickte.
Und als ein Diptychon solcher Art müssen wir uns auch das kleine
Doppelbildnis in der fürstlich Liechtensteinschen Galerie vorstellen, das jetzt
freilich anders zusammengestellt ist und längst keinerlei Futteral mehr
aufweist.
Von den Kehrseiten ist die eine in der Hauptsache längst unkenntlich
geworden. Vor Jahren bemerkte ich noch die Reste einer sitzenden Figur
rechts im Vordergrund. Die andere Kehrseite, sie ist auf Tafel 11 abgebildet,
zeigt einen liegenden Rehbock, der mit einer Kette an einem kreisrunden
Inschriftstein festgehalten ist. Die Inschrift ist: „AIEI" und nicht A LEI zu
lesen. Es ist das Homerische ouet (&st), das mit: immer oder mit: ewig zu
übersetzen wäre. Der Sinn wäre der: an die geliebte Dame ist der symbo-
lische Rehbock mit einer Kette für ewig gefesselt. Selbstredend versinnbild-
licht der Rehbock den Geliebten oder Gatten.
Ich scheide nun zweierlei Angelegenheiten: die Bestimmung des Bildes
in bezug auf den Urheber, ohne Rücksicht auf eine Beziehung zum alten
Besitz, und die Frage, ob das Doppelbildchen der Liechtensteingalerie das-
selbe ist, das M. A. Michiel 1543 bei Michiel Contarini gesehen hat oder
nicht. Was die Bestimmung anbelangt, so ist Antonello da Messina
wiederholt genannt worden. Dieser ist aber mit Sicherheit auszuschließen
und dafür ein venezianischer Feinmaler einzusetzen, der um 1500 gelebt hat.
Die Tracht deutet ja auf jene Zeit. Die kleinen Bildnisse sind von keinem
der venezianischen Maler, die man aus den festländischen Galerien kennt.
Man kann ja einen Augenblick schwanken, ob die Benennung Anto-
neno da Messina, unter der das kleine Werk wiederholt besprochen worden
ist*), nicht doch die richtige sein könnte. Aber eine Vergleichung mit den
signierten sicheren Arbeiten des Antonello da Messina (ich scheide sogleich
die Werke des Antonello de Saliba und des Pietro da Messina aus) beweist,
daß diese alle kräftiger in der Modellierung und Färbung sind als das
Doppelbildnis in der Galerie Liechtenstein, das sich durch eine besondere
Weichheit und Milde auszeichnet im Gegensatz zur Härte der beglaubigten
Werke des Antonello.
*) Neuerlich auch wieder durch LionelloVenturi in Thieme-BeckersAMg. Künstler-
lexikon, Bd. I (1907), S. 570, und in desselben „Le origini della pittura veneziana"
(1907). Karl Höß, „Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein und die bildenden Künste"
(1908), nimmt auf meine Zuschreibung an Jacometto Rücksicht.
schrieben. Das Wägeichen war vielleicht Amors Triumphwagen oder eine
Anspielung darauf, angeregt durch Petrarcas Trionfi, die damals, in der Zeit
der Hochrenaissance, doch in ganz Italien und gewiß in den humanistischen
Kreisen Venedigs bekannt und beliebt waren.
Durchaus gezwungen wäre es, annehmen zu wollen, daß die zwei
Bildnisse in einer unveränderlichen Fläche nebeneinander gemalt gewesen
wären und daß sie in einer Schachtel gesteckt hätten, deren Deckel mit der
„Carretta" verziert war. Die Schachtel müßte dann überdies von einem
Lederfutteral umgeben gewesen sein, womit sich die Unwahrscheinlichkeiten
häufen würden. Am meisten hat die Annahme eines kleinen Diptychons für
sich mit zwei Bildnissen einander gegenüber, deren Kehrseiten bemalt wurden,
Das Ganze, zusammengeklappt, paßte in ein Lederfutteral, auf dem man ein
Wägelchen und reichliche Goldverzierungen erblickte.
Und als ein Diptychon solcher Art müssen wir uns auch das kleine
Doppelbildnis in der fürstlich Liechtensteinschen Galerie vorstellen, das jetzt
freilich anders zusammengestellt ist und längst keinerlei Futteral mehr
aufweist.
Von den Kehrseiten ist die eine in der Hauptsache längst unkenntlich
geworden. Vor Jahren bemerkte ich noch die Reste einer sitzenden Figur
rechts im Vordergrund. Die andere Kehrseite, sie ist auf Tafel 11 abgebildet,
zeigt einen liegenden Rehbock, der mit einer Kette an einem kreisrunden
Inschriftstein festgehalten ist. Die Inschrift ist: „AIEI" und nicht A LEI zu
lesen. Es ist das Homerische ouet (&st), das mit: immer oder mit: ewig zu
übersetzen wäre. Der Sinn wäre der: an die geliebte Dame ist der symbo-
lische Rehbock mit einer Kette für ewig gefesselt. Selbstredend versinnbild-
licht der Rehbock den Geliebten oder Gatten.
Ich scheide nun zweierlei Angelegenheiten: die Bestimmung des Bildes
in bezug auf den Urheber, ohne Rücksicht auf eine Beziehung zum alten
Besitz, und die Frage, ob das Doppelbildchen der Liechtensteingalerie das-
selbe ist, das M. A. Michiel 1543 bei Michiel Contarini gesehen hat oder
nicht. Was die Bestimmung anbelangt, so ist Antonello da Messina
wiederholt genannt worden. Dieser ist aber mit Sicherheit auszuschließen
und dafür ein venezianischer Feinmaler einzusetzen, der um 1500 gelebt hat.
Die Tracht deutet ja auf jene Zeit. Die kleinen Bildnisse sind von keinem
der venezianischen Maler, die man aus den festländischen Galerien kennt.
Man kann ja einen Augenblick schwanken, ob die Benennung Anto-
neno da Messina, unter der das kleine Werk wiederholt besprochen worden
ist*), nicht doch die richtige sein könnte. Aber eine Vergleichung mit den
signierten sicheren Arbeiten des Antonello da Messina (ich scheide sogleich
die Werke des Antonello de Saliba und des Pietro da Messina aus) beweist,
daß diese alle kräftiger in der Modellierung und Färbung sind als das
Doppelbildnis in der Galerie Liechtenstein, das sich durch eine besondere
Weichheit und Milde auszeichnet im Gegensatz zur Härte der beglaubigten
Werke des Antonello.
*) Neuerlich auch wieder durch LionelloVenturi in Thieme-BeckersAMg. Künstler-
lexikon, Bd. I (1907), S. 570, und in desselben „Le origini della pittura veneziana"
(1907). Karl Höß, „Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein und die bildenden Künste"
(1908), nimmt auf meine Zuschreibung an Jacometto Rücksicht.