Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

DOI Heft:
I. und II. Lieferung
DOI Artikel:
Frimmel, Theodor von: Bemerkungen zu Jacometto Veneziano
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0029

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
19

Was man dagegen von Jacometto Veneziano durch Michiel erfährt,
paßt vorzüglich zur Art der kleinen Bildnisse, so daß eine Vermutung seiner
Urheberschaft gerechtfertigt ist. Dann noch die nahe stilistische Verwandt-
schaft mit dem Hieronymus der Nationalgalerie zu London, einem Bild, das
ja sicher nicht von Antonello da Messina, sicher auch nicht vonMemlingk,
nicht von Jan van Eyck, sondern, wie schon 1529 der alte Michiel wollte,
wahrscheinlich von Jacometto ist. Daß Jacometto und Antonello da Messina
demselben Kunstkreis angehören, ist ja nach den Angaben des Anonimo
Morelliano sicher. Aber gerade deswegen müssen wir auf der Hut sein, die
Werke dieser beiden Künstler nicht durcheinanderzuwerfen. Jacometto,
auch wenn bei dem ungewöhnlich häufig vorkommenden Namen eine ur-
kundliche Aufklärung über seinen Lebensweg nicht leicht zu erwarten steht,
läßt sich doch als bestimmte Persönlichkeit umschreiben. Um vielleicht 1472,
sicher aber 1481, als er dieBembobildnisse malte, muß er schon ein fertiger
Maler gewesen sein. 1529 war er wohl nicht mehr am Leben, sonst hätte man
kaum im Zweifel darüber sein können, ob der Hieronymus bei Herrn Pas-
qualino von Jacometto sei oder nicht. Die meisten Angaben beiM.A. Michiel
lassen darauf schließen, daß Jacometto ein Miniaturmaler und ein
Zeichner war. Große Altarbilder werden nicht als seine Werke erwähnt. Die
„Maniera" des Jacometto muß dem Kunstfreund M. A. Michiel wohlbekannt
gewesen sein. Denn er sagt von allerlei kleinen Kopien auf Pergament und
Holztäfelchen nach Mantegna, Raffael und anderen, daß sie (von Giorgione)
glücklich in der „maniera de Jacometto" gemalt gewesen seien (Mpt. Fol.68
verso).*) Schon oben sind die Stellen zusammengesucht worden, die sich
auf Werke von der Hand Jacomettos beziehen. Urkundliche Nachweise über
Jacometto liegen noch nicht vor. Ob wohl dieser Jacometto ein malender
Kunstliebhaber, ein Dilettant aus dem Kreis oder aus der Familie Contarini
war? Hat er doch, nach den Mitteilungen M. A. Michiels zu schließen, das
sehr intime Verhältnis eines Contarini zu einer Nonne durch ein Bildchen
verewigen dürfen. Oder war er mit M. A. Michiel so nahe verwandt und
bekannt, daß ihn dieser nur mit dem Taufnamen anführt? Ein einzigesmal
heißt er: Jacometto veneziano. Offene Fragen das.
Bezüglich der Herkunft des Doppelbildnisses in der Liechtenstein-
galerie ist nun die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß man darin das
Contarinibildchen erhalten habe, das M. A. Michiel 1543 in Venedig be-
schrieben hat. Heute fehlt zwar die „Carretta" auf dem Umschlag, aber diese
kann auf der verdorbenen zweiten Kehrseite dargestellt gewesen sein. Das
wesentliche, die zwei Dargestellten, Mann und Frau (oder geliebte Nonne),
stimmt vollkommen zu den Angaben bei Michiel, wobei ich auf meine ein-
gehenden Erörterungen in der „Beilage der Blätter für Gemäldekunde", H,
S. 76ff., verweise. Das alte Lederfutteral des Miniaturdiptychons ist verloren-
gegangen.
Des besondern gehe ich noch auf die auffallende Tracht der weib-
lichen Figur ein. ist da wirklich eine Nonne aus San Segondo dargestellt?
Die Antwort lautet unbedingt bejahend. Damenbildnisse nichtgeistlicher Art
aus derselben Zeit sehen anders aus. Fehlt doch jeder Schmuck, den man
sonst an Damenbildnissen derselben Zeit kaum einmal vermißt, auch wenn
*) Frizzoni in seiner italienischen Ausgabe hat statt: Jacometto „Jacomo". in der
Urschritt steht: „Jacometto", was des besondern festgestellt werden muß.

3*
 
Annotationen