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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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V. und VI. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Zum allegorisierenden Bildnis des Theophrastus Paracelsus im Wiener Hofmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0108

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ZUM ALLEGOR1SIERENDEN BILDNIS DESTHEOPHRASTUS PARACELSUS
IM WIENER HOFMUSEUM.
Der wunderliche, erfindungsreiche und fruchtbare holländische Maler
Cornelis Ketei (geb. zu Gouda 1548, gest. zu Amsterdam 1616) wird
verhältnismäßig wenig studiert, und nicht durch seine Werke ist er am
meisten bekannt, sondern durch die Wunderlichkeit, daß er seit 1599 viele
Bilder ohne Pinsel mit den Fingern und seit 1600 mit den Zehen bald des
linken, bald des rechten Fußes malte. Van Mander behandelt das Leben
und die sonderbare Technik des Künstlers eingehend in seinem Malerbuch.
S. v. Hoogstraten in seiner Inleyding tot de hooghe schoole der schilder-
konst (S. 235) erzählt die Geschichte von der Fußmalerei weiter.
An dieser Stelle, die ja eigens der Gemäldekunde gewidmet ist, mag
ein Hinweis darauf gestattet sein, daß die Malerei ohne Pinsel seit Tizians
Vorgang oft genug geübt worden ist, freilich gewöhnlich mit den Fingern,
so durch Frans Hals, J. B. Weenix, Aart de Gelder in Holland, durch die
Tizianesken, durch Baroccio und den späteren Ghislandi in Italien/) Das
Malen mit den Füßen verliert für den heutigen Physiologen viel an seiner
Wunderbarkeit, da dieser weiß, daß die Bewegungsanregungen von den
motorischen Zentren im Gehirn und nicht von Fuß und Hand ausgehen.
Wo eine Möglichkeit geboten ist, Farben hinzusetzen, kann der geschulte
Maler auch mit dem Fuß malen. Für die Zeit des Cornelis Ketei war die
Fußmalerei etwas so Auffallendes, daß sie den Mann, der doch nur über
eine recht mäßige Begabung verfügte, berühmt machte. Die Reihe der Werke,
die man jetzt von ihm kennt, lassen ihn nicht als Vorkämpfer im Bereich
der Kunst erscheinen. Vieles von seinen Arbeiten dürfte allerdings zugrunde
gegangen sein. Wie die Handbücher verschiedener Art einschließlich des
A. v. Wurzbachschen Lexikons ausweisen, hat man keine große Auswahl.*) **)
Die Liste ist kurz. Mancherlei neue Zuschreibungen und Abschreibungen
haben sie nicht wesentlich geändert. Daß dem Ketei das Bildnis der Susanna
Roels, geb. Taymann, mit der Jahreszahl 1600, das aus der Galerie
Konsul Weber***) in die Hamburger Kunsthalle gelangt ist, jetzt dem Aert
Pietersz gegeben wird, sei als bemerkenswert hervorgehoben. Diese Be-
nennung wird neben mehreren neuen Zuschreibungen an Ketei geboten in
dem Aufsatz von Rudolf Oldenburg: „Beiträge zu Cornelis Ketei" im Maiheft
von 1914 der Leipziger „Monatshefte für Kunstgeschichte". Unter den Zu-
schreibungen an C. Ketei, die Oldenburg ausspricht, veranlaßt mich eine
ganz besonders zu etlichen Bemerkungen. Es ist das Doppelbildnis, das
durch Ed. v. Engerth eine Zeitlang im Wiener Hofmuseum ausgestellt
worden war, das später wieder versteckt wurde und neuestens wieder
hervorgeholt worden ist. Engerths Katalog verzeichnet es als Nr. 1514 und
als Werk eines unbekannten Deutschen, beschreibt es in eingehender Weise

*) Dazu die Quellenschriften für die Kenntnis der einzelnen eben genannten
Maler und „Handbuch der Gemäldekunde", 2. Auflage, S. 59 und 213, sowie
„Chronique des arts de la curiosite" vom 5. April 1913.
**) Mehrere Ketelsche Bildnisse, kaum beachtet, finden sich abgebildet in
„Portraits of illustrious personages of Great Britain", Bd. I.
***) Eine gute Abbildung in C. Woermanns Katalog der Galerie Weber (Berlin,
Lepke).
 
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