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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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V. und VI. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Zum allegorisierenden Bildnis des Theophrastus Paracelsus im Wiener Hofmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0109

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und benennt die Darstellung: „Theophrastus Paracelsus und ein Zech-
genosse." Dargestellt ist links ein auffallend stutzerhaft, etwas phantastisch
gekleideter ältlicher Mann in der Tracht um 1550. Fest umklammert er mit
der Linken den Degengriff, von dem der Knopf frei bleibt. Dieser Haupt-
figur nähert sich, wie zusprechend und mit der Linken ein Kelchglas voll
Rotwein anbietend ein zweiter Mann, dessen einfachere Tracht der Zeit um
1610 angepaßt ist. Er legt seine Rechte auf die rechte Schulter des alten
Stutzers, was auf eine gewisse Zudringlichkeit schließen läßt, oder auf Ver-
traulichkeit, ohne daß deshalb gerade Engerths „Zechgenosse" erwiesen
wäre. Eher könnte man an einen Diener oder Famulus denken. Auf dem
Rücken des Famulus, wenn wir bei dieser Deutung bleiben, sitzt ein Affe,
von dessen Hals eine Kette hinter dem alten Stutzer herumreicht, bis sie*
über dessen Schaube vorn, bis zu dessen Hand hinauf sich erstreckend,
wieder sichtbar wird. Der Affe gehört also augenscheinlich dem ältlichen
Herrn, in welchem vermutlich Theophrastus Paracelsus dargestellt ist.
ln Engerths Katalog findet sich nur ein allzu knapper Hinweis, der besagt:
„in den Inventaren: Theophrastus Paracelsus" genannt. Dazu ist sogleich
anzumerken, daß sich in der Rudolphinischen Kunstkammer noch ein anderer
Theophrastus Paracelsus befunden hat, der nicht mit unserem Bild zu ver-
wechseln ist. Es war ein Theophrastus allein, ein Buch haltend.*) Indes
habe ich mir vor Jahren notiert, daß unser Doppelbildnis mit dem soge-
nannten Zechgenossen schon 1770 im Wiener Belvedere nachweisbar ist,
und daß Fuhrmanns „Historische Beschreibung von Wien" (1770) sich über
das Bild ungenau äußerte. Das neuerliche Durchsuchen der Inventare und
eine üppige Abbildung des Gemäldes sei der Leitung des Hofmuseums
Vorbehalten. Ich beschränke mich auf die obigen Angaben aus meinen alten
Aufschreibungen. Auch so bleibt es höchstwahrscheinlich, daß die Be-
nennung der Hauptperson auf dem Bild als Theophrastus Paracelsus zwar
gewiß nicht bis in die Zeit der Entstehung des Bildes zurückzuverfolgen ist, daß
sie aber gewiß auch keine neueste Erfindung ist, die etwa mit den lebhaft
erneuerten Paracelsusstudien aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts
und aus dem beginnenden 20. Jahrhundert Zusammenhängen würde.**) Die
Bildnisähnlichkeit und der ganze Inhalt der Darstellung sind genau durch-
geprüft worden, von mehreren, unter anderen auch vom Anatomen und
Paracelsusforscher Dr. Karl Aberle in den Jahren gegen 1890. ln den „Mit-
teilungen für Salzburger Landeskunde" (Bd. XXXI, S. 442—447) bespricht
Aberle das Bild eingehend und in bezug auf die Bildnisfrage in kritischer
Weise auch unter Hinweis auf fremde Urteile. Manche kleine logische Ent-
gleisung, die mir bei Aberle aufgefallen ist, hat in meinen obigen Mittei-
lungen eine, wie ich hoffe, nicht aufdringliche Berichtigung gefunden. Bei-

*) Vgl. Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Alierhöchsten Kaiser-
hauses, XXIV, Heft 6, den Artikei von H. Zimmermann, S. XXXVIII, Nr. 835.
**) Ich meine damit die Jahre, als die Arbeiten von Fr. Mook, Ed. Schubert und
K. Sudhoff, Aberle, Kahlbaum, Strunz, R. J. Hartmann, Anna M. Stoddart in gehäufter
Weise erschienen. Noch viele andere Arbeiten über Theophrastus Bombast von Hohen-
heim wären zu nennen, von denen ich nur noch den wenig mehr gelesenen Aufsatz
von Kasp. Joh. Nep. Stephan in Hormayrs Archiv von 1830, den Artikel von Albrecht
Rau in der Münchner AHgemeinen Zeitung vom 5. September 1891 und einen Be-
richt von Hans Benzmann in der Beilage zur Wiener Abendpost vom 9. Jänner 1904
hervorhebe.

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