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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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I. und II. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Bildnis eines italienischen Malers der Hochrenaissance und eines Architekten in der Universitätssammlung zu Würzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0031

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BILDNIS EINES ITALIENISCHEN MALERS DER HOCHRENAISSANCE UND
EINES ARCHITEKTEN IN DER UNIVERSITÄTSSAMMLUNO ZU WÜRZ-
BURG.
Mehr als Anregung zu weiterer Forschung, denn als abschließende
Erläuterung ist folgendes aufzunehmen. Die Galerie der Universität Würz-
burg besitzt ein überaus fesselndes Gemälde, auf dem ein Geometer oder
Baumeister dargestellt ist, einmal in verlorenem Profi!, dann in wenig ver-
schobener Vorderansicht in Einviertelprofil, wie man sie durch den Spiegel
gewahr wird, der im Hintergrund querüber aufgesteht ist. Knapp daneben
sieht man im Spiege!bi!d den Maler, dessen erhobene Rechte den Pinsel
hält. Es ist also das Selbstbildnis eines sicher sehr geschickten Künstlers,
der sich dargestellt hat, wie er eben einen, ihm ohne Zweifel nahebe-
kannten Architekten porträtiert. Der Architekt sitzt an einem Pult, auf dem
ein Reißbrett liegt, weist mit seiner Linken auf das Spiegelbild des Malers
und stützt die Rechte auf einen Zirkel von ungewöhnlicher Form. Die
Scharniere dieses Werkzeuges ist in der Krümmung des Zeigefingers sicht-
bar. Von den Schenkeln des Zirkels sieht man so viel, daß man ein Sich-
überschneiden durch Krümmung und Knickung jedes Schenkels unterscheiden
kann. — Jeder legt sich nun die Fragen vor: Wer ist dieser ohne Zweifel
bedeutende Maler, wer ist der Mann mit dem ungewöhnlich geformten Zirkel?
Der neue Katalog der Würzburger Universitätsgalerie, der (auf S. 17)-
das Bild als Nr. 105 in Kürze beschreibt, verzichtet auf jede Deutung und
begnügt sich mit der Angabe: „Oberitalienisch um 1530", die ja nach her-
kömmlicher Ausdrucksweise ungefähr das mitteilt, was sich im allgemeinen
vorläufig sagen ließ. (Pappelholz, Höhe 0*82, Breite 0 61.) Das „ober-
italienisch" ist übrigens nicht wörtlich zu nehmen und doch eher durch
mittelitalienisch zu ersetzen. Ohne zunächst auf die Bildnisse einzugehen,
möchte ich aussprechen, daß ich vermutungsweise das Bild dem Stil nach
für ein Werk des berühmten Sieneser Malers Domenico Beccafumi —
Mecherino, auch Mecarino — (er lebte von I486 bis 1551) halte, und zwar
für eines aus dessen mittlerer Zeit. Römische Studien (von etwa 1510 bis
1512) hatten schon auf den Künstler eingewirkt, der sich aber in jedem
Pinselstrich auf dem Würzburger Bilde als selbständiger Meister bewährt.
Auf Beccafumi führen mich besonders die graulichen Schatten, die auffallend
rote Fleischbehandlung, die zumeist weiche Modellierung und hauptsächlich
die Handformen mit den stark betonten Fingergelenken, die bei den männ-
lichen Figuren auf Beccafumis sicheren Werken (auch auf dem Stiche mit
den zwei nackten Männern) immer wiederkehren. Auch fiel mir eine gewisse
Modellähnlichkeit des Simon von Kyrenae oder des Schächers auf einem
Bilde Beccafumis mit dem Malerbildnis in Würzburg auf. Der erwähnte
Schächer befindet sich links auf dem Bilde mit Christus in limbo, das aus
der Kirche San Francesco zu Siena in die dortige Akademie gelangt ist.
Diese Figur ganz links ist auch von Vasari als auffallend vermerkt worden,
der sie als Schächer deutet.
Gar heikel, wie immer, ist die Feststellung der Bildnisähnlichkeit.
Keinerlei felsenfeste Vergleichungspunkte, die etwa in anderen Bildnissen
Beccafumis bereitlägen. Das Greisenbildnis, das in Vasaris „Vite" dem Ab-
schnitte über Beccafumi beigegeben ist und das man mit einigem Vertrauen
 
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