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Roman Zwierzchowski

schen Sockeln lokalisiert sind, generiert wichtige Inhalte. Ich machte sie zum Hauptproblem
des letzten Kapitels. Dieses Kapitel behandelte ich jedoch etwas breiter, in der Oberzeugnug,
dass dies notwendig sei wegen des Mangels an ausfdhrlicherer Literatur, die das Thema der
gegeriseitigen Beziehungen von Plastik und Architektur bertihrt, genauer: der ZusammenhSnge
der Figur mit der SSule (Pilaster). Das Motiv der menschlichen Gestalt selbst auf dem
Hintergrund der SSule wurde zum Zielpunkt der Betrachtungen zu diesem Thema, das haupt-
sSchlich gestdtzt auf bekannte Architekturdenkmd*ler im Ausland und in Polen abgehandelt
wird.
Nach der Differenzierung von vier Grundtypen einer solchen Konfiguration und der
Analyse ihrer móglichen Bedeutungen kam ich zu folgendenschliTssen: die Statuę zwischen den
SSulen (dem SSulenpaar) hat "tempelnachen" Charakter, sie kann sogar die sittliche Reinheit
der dargestellten Person bestimmen, und die Statuę auf der SSule (nicht nur in Form eines
besonderen Denkmals) ist vor allem eine Apotheose der Gestalt, im Gegensatz zu den
Darstellungen vom Typ Herma (Terma), Pers (Atlant) oder Karyathide, die durch direkte
Verwicklung der prSsentierten Person in die materielle Sćhicht der Architektur die Rolle der
menschlichen Gestalt auf die eines materiellen Elements reduzieren (auch im Obertragenen
Sinne - z.B. des Elements des Feuers an Kaminen, des Wassers in den NymphSen, oder der
Erde), von etwas Irdischem, das sich mit der Zeitlichkeit verbindet, selbst mit dem Tod (terma
- Terminus), wovon zahlreiche neuzeitliche GrabmSler zeugen, die dieses Motiv tragen.
Auf dem so abgezeichneten Hintergrund hat die Situierung der Gestalt eine besondere
Aussagekraft, ais Ergebnis der "partnerschaftlichen" Verbindung beider dieser Elemente, die
dabei ihre relative Autonomie behalten. Im formalen Sinne ist das nicht nur eine "instru-
mentale" Ausnutzung des geschStzten Elements der Architektur, das schon "immer" mit
erhabenen Inhalten belastet war (das ist der Fali bei den ersten beiden Motiven), auch keine
wórtliche, ja herbe Offenbarung des unterstutzenden "Inhalts" der SSulengestalt (wie im Fali
der Karyathiden und Hermen), wodurch die MOglichkeit der ReprSsentierung gewisser Gestalt-
kategorien (z.B. Heilige, Monarchen u. dgl.) betrSchtlich beschrSnkt wird. Das ist eine Art von
nicht einmal Symbol, sondern Allegorie durch Anspielung, mit gleichzeitiger "Entlehnung" der
gegenseitigen Inhalte - des architektonischen und zugleich heroischen durch riesige Pilaster
fur die Figuren, die sowieso traditionell schon seit dem Anbruch des Mittelalters mit der
christlichen Symbolik des Gotteshauses, der Pfeiler bzw. der Fundamente des himmlischen
Jerusalem verbunden wurden, die Figuren der Apostel oder aller Heiligen sind. Bemerkenswert
ist, dass das Motiv selbst keinen antiken, heidnischen Prototyp hat, aber voll mit dem Prinzip
der humanistischen Kunst ubereinstimmt (was man nicht sagen kann von den auf Pfeilern oder
SSulchen angehSngten Statuen des Mittelalters).
Im konkreten Fali der Kirchen der Fontana-Gruppe hatte die Verwendung dieses Motivs
wohl auch zusStzliche ideelle Aussagekraft, und die Figuren der V3ter und Lehrer der Kirche
(auch der "Laienheiligen" - Kaiser Konstantin und Kónig Stefan) bestimmen recht genau den
inhaltlichen Kreis und suggerieren gleichzeitig den zeitlicheren und weniger eschatologischen
Charakter des Inhalts, wobei die wirkliche Lehre und Doktrin der Kirche reprSsentiert wird.
Die scheinbar andere, weil unpersonale "Dekoration" an den Pfeilern der Regenbogenarkade
verrSt eine spezifische inhaltliche Verwandtschaft mit den Nachbarpfeilern (Pilastern). Das
sind die Kanzel und der Taufstein, die allgemein mit dem Evangelium und der heilligen Taufe
assoziiert werden - Shnlich wie die Lehre die wesentlichste Grundlage der Kirche auf Erden
darstellt. Ihre gewohnheitsm^ssige Situierung an den Pfeilern des Regenbogens erhSlt hier eine
zusStzliche Bedeutung - sie Offnen dem Sacrum den Weg, wie die Arkadę selbst zum
Presbyterium fuhrt - dem Ort des Sanctissimum.
 
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