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Staehlin, Rudolf
Das Motiv der Mantik im antiken Drama — Giessen: Toepelmann, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.74897#0109
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Das Motiv der Mantik im antiken Drama

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der Mantik (etwa einen Spruch des Teiresias oder eine Warnung
einer Gottheit, was bei dem im Hades weilenden Helden wohl
das nächstliegende gewesen wäre) angewendet oder aber den
Helden vielleicht durch einen dem Lykos feindlich gesinnten
Wanderer, der zufällig des Wegs gekommen wäre, zur Vor-
sicht mahnen lassen.
§ 21. Hiketiden
Im Prolog erwähnt Aithra, sie sei von ihrem Vater auf
Geheiß des delphischen Gottes mit Aigeus vermählt worden (7);
damit knüpft der Dichter an die schon in der „Medeia" ge-
streifte Sage an, lediglich um die Verbindung nach rückwärts
herzustellen.
Adrastos von Argos hat sieben Scharen gegen Theben
aufgeboten, um Polyneikes wieder in seiner Vaterstadt ein-
zusetzen: die Belagerer sind alle gefallen; um für sie die
Bestattung zu erlangen, kommt Adrastos hilfeflehend nach
Athen. Den Hintergrund des Dramas bildet der Zug der
Sieben gegen Theben, und dieser selbst ist durch ein Orakel
motiviert (138 ff.):
^oißov ,/ vnft3e dvoroTcaaT alviy^ara.
xa^Qw ,i£ douvai xa! leovu ntfi^ tyu),
wie Adrastos, an Bekanntes1 anknüpfend, erzählt. Diesem
Spruch zufolge hat Adrastos eine seiner Töchter mit Polyneikes

1 Das sieht man aus der Art, wie er die Verbindung zwischen dem
Orakel und den Helden Tydeus und Polyneikes herstellt: auf die Frage des
Theseus (145) /)toig^ idcoxas ^^ouv ^ %6^ag o&3ev antwortet er (146)
ud^v ye diGaoLu xveodd^Mv dneixdoas, ein gewiß mehr spielendes als ernst-
haftes Argument, mit dem sich Theseus in seiner Q^^ (195-249) nicht
zufrieden gegeben hätte, wenn ihm nicht der wahre Grund — die Schild-
zeichen der Helden — bekannt gewesen wäre. Auch wenn wir gar keine
antiken Zeugnisse über die Sage vor Euripides haben, müssen wir doch
m. E. aus dem Fehlen eines Angriffs des Theseus in seiner Rhesis auf die
gerade in Vers 146 liegende Unvorsichtigkeit Adrasts fast mit Notwendig-
keit auf einen triftigen Grund, d. h. die Schildzeichen, schließen. Vgl.
Bethe aaO. 167. Die Sagenversion von den Schildzeichen ist aber auch

nicht sehr alt, vgl. Welcker, Der epische Cyclus II2 333, Anm. 24.

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