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Diirersche Muschellinie, Spinnenlinie, 1. Buch

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Zur Anwendung oder zum Gebrauch der Parabel, die Dürer in Fig. 36
nochmals konstruiert und die Anwendung für einen parabolischen Spiegel
(Rotationsparaboloid) samt den Eigenschaften des Brennpunktes und das
Reflexionsgesetj der Optik zeigt, merkt Dürer an:
„So Du dann eine Parabel darein (in den Kegel) schneidest und nimmst dieselbe
Linie und macht einen hohlen Spiegel daraus ... so brennt er stark in dem
Punkten, die zusammen fallen, so die Radi der Sunnen darein geworfen werden,
die sich wieder heraus brechen. Das zu verstehen, musst Du (zu)vor merken, dass
ein jeglich Ding, das sich in einem Spiegel erscheint, wie es hinein fällt ,also bricht
es sich wieder heraus“ (— Reflexionsgesetj —) „und wird doch das Drinnen gesehen
an der gegenwärtigen Statt des, das Heraussen ist, darum wird das Link Recht
und wiedrum . . .“ „Zu gleicher Weise nach seiner Art stossen sich die Radi der
Sunnen im Spiegel, der aus der Linie des Parabels gemacht ist hergegen und fallen
all heraus in einen Punkt“ (—Brennpunkt —54),) „und brennen stark, und was die
Ursach sei, das haben die Mathematici angezeigt; wer da will mags lesen.“ 55)

(Siehe Tafeln VI—IX im Bilder-Teil)

Nach der Konstruktion der Hyperbel wird dann der Lehrgang der Kurven-
theorie mit zwei weiteren Kurven, einer sog. „Muschellinie“ und einer sog.
„Spinnenlinie“ fortgese^t und diese als Einhüllende ihrer Tangenten kon-
struiert, was Dürer auch Veranlassung gibt, Mechanismen für die Kon-
struktion zu ersinnen und anzugeben.

(s. Abb. 26, Tafel IX im Bild-Teil)

onchoide oder Muschellinie ist die erste
(Fig. 38). Es handelt sich um eine Kurve
4. Ordnung56), die Dürer durch ein mecha-
nisches Verfahren gewinnt, wobei als
Einhüllende, also als Klassenkurve, eine
Parabel erscheint, um gleich darnach in
Fig. 39 einen Mechanismus anzugeben, mit
dessen Hilfe sie erzeugt werden kann. Die
Diirersche Muschellinie ist von der be-
kannten Conchoide des Nikomedes ver-


19.

schieden; die Anregung zu ihrer Konstruktion mag er einem Pappus- oder
Eutofcios-Manuskript verdanken, die er nach Ausweis des 4. Buches der
„Underweysung“ sicher in Händen gehabt hat57). Als selbständiges geo-
metrisches Gebilde ist diese Muschellinie im Schrifttum erstmalig bei Dürer
zu finden. — (Fig. 26 umseitig) —
Die nachfolgend von Dürer in der Fig. 40 wieder auf Grund einer
mechanischen Überlegung konstruierte „Spinenlinie“ erweist sich bei
näherem Zusehen als Epizykloide58). Sie und die Methode ihrer Gewinnung
durch Dürer ist bei weitem die interessanteste der von ihm in seiner
anschaulichen Kurvenlehre konstruierten höheren Kurven. Staigmüller
hat wahrscheinlich gemacht59), daß Dürer bei der Konstruktion dieser
Kurve an astronomische Dinge gedacht haben mag, die ihm nicht zuletjt
 
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