2. Römische Plastik.
32. 2. Maria in Araceli. Grabmal
Lebretto. Der b. Franziskus.
herunterzieht, wo eine arme Seele zitternd für ihre Seligkeit bangt! Wie kunst-
voll ist dieser Aampf auf Tod und Leben in eine enge Pfeilernische Hinein-
komponiert, und mit welcher Sorgfalt ist die Ornamentik an Schild und Rüstung
des heldenhaften Heiligen in den alabasterweißen Marmor eingegraben! Aus
Sankt Franziskus ist nicht dieselbe Sorgfalt in der Ausführung des Details ver-
wandt; was gäbe es auch künstlerisch an der
groben Mönchskutte dieses Heiligen zu gestalten
(Abb. 32)7 Aber wir bewundern nicht nur
die anatomische Gewissenhaftigkeit, mit welcher
die stigmatisierten Hände und Füße des Heiligen
von Assisi behandelt sind; das verzehrende Feuer
der Liebe zu Gott und Menschen, welches den
Sohn des Pietro Bernardoni über alle Heiligen
des Mittelalters erhebt, hat Andrea Bregno als
das charakteristische Moment seinen: Marmor
ausgeprägt und in der Bildung des schmerz-
bewegten Mundes, der sehnsuchtsvoll und betend
erhobenen Augen aufs trefflichste zum Ausdruck
gebracht.
Gehörte dem Meister Andrea endlich auch
das kleine, mit der Signatur ,opus Andreae'
bezeichnete Madonnenrelief im Spital von San
Giacomo, fo dürften wir hier eine seiner ori-
ginellsten Schöpfungen bewundern. Die reizende,
mit liebevollster Sorgfalt ausgeführte Arbeit
entzückt durch eine so echt florentinische Feinheit
der Empfindung, daß man es sich nur mit
Mühe von den: trockeneren lombardischen Aünstler
entstanden denkt. Aber wer den hl. Michael
vom Lebrettograbe meißeln konnte, den: mag
man immerhin auch dies kleine Juwel der
Madonnenkunst zuschreiben, dessen Bezeichnung
als Werk eines Meisters Andrea aber vielleicht
doch richtiger auf Andrea del Verocchio bezogen
werden muß (Abb. 33).
Die Schule Andrea Bregnos, der in 5. Maria
del Popolo im Grabmal des Thriftoforo della
Rovere einen zweiten, ganz originellen Grabtypus geschaffen hat (Abb. 3H), der
unzählige Male, wenn auch niemals wieder in so schönen Verhältnissen, wiederholt
worden ist, muß sehr umfangreich gewesen sein, aber wir kennen aus der ganzen
Schar seiner Gchülfen nur einen einzigen Namen. Luigi Tapponi gebot in der
Führung des Meißels nicht über so viel Anmut und Geschicklichkeit, wie sein
Lehrer, doch ist sein Areuzigungsrelief in der Tonsolazione immerhin eine sehr
tüchtige Leistung. Schweigend in starrer Todesruhe, schwebt der Gekreuzigte gleich-
32. 2. Maria in Araceli. Grabmal
Lebretto. Der b. Franziskus.
herunterzieht, wo eine arme Seele zitternd für ihre Seligkeit bangt! Wie kunst-
voll ist dieser Aampf auf Tod und Leben in eine enge Pfeilernische Hinein-
komponiert, und mit welcher Sorgfalt ist die Ornamentik an Schild und Rüstung
des heldenhaften Heiligen in den alabasterweißen Marmor eingegraben! Aus
Sankt Franziskus ist nicht dieselbe Sorgfalt in der Ausführung des Details ver-
wandt; was gäbe es auch künstlerisch an der
groben Mönchskutte dieses Heiligen zu gestalten
(Abb. 32)7 Aber wir bewundern nicht nur
die anatomische Gewissenhaftigkeit, mit welcher
die stigmatisierten Hände und Füße des Heiligen
von Assisi behandelt sind; das verzehrende Feuer
der Liebe zu Gott und Menschen, welches den
Sohn des Pietro Bernardoni über alle Heiligen
des Mittelalters erhebt, hat Andrea Bregno als
das charakteristische Moment seinen: Marmor
ausgeprägt und in der Bildung des schmerz-
bewegten Mundes, der sehnsuchtsvoll und betend
erhobenen Augen aufs trefflichste zum Ausdruck
gebracht.
Gehörte dem Meister Andrea endlich auch
das kleine, mit der Signatur ,opus Andreae'
bezeichnete Madonnenrelief im Spital von San
Giacomo, fo dürften wir hier eine seiner ori-
ginellsten Schöpfungen bewundern. Die reizende,
mit liebevollster Sorgfalt ausgeführte Arbeit
entzückt durch eine so echt florentinische Feinheit
der Empfindung, daß man es sich nur mit
Mühe von den: trockeneren lombardischen Aünstler
entstanden denkt. Aber wer den hl. Michael
vom Lebrettograbe meißeln konnte, den: mag
man immerhin auch dies kleine Juwel der
Madonnenkunst zuschreiben, dessen Bezeichnung
als Werk eines Meisters Andrea aber vielleicht
doch richtiger auf Andrea del Verocchio bezogen
werden muß (Abb. 33).
Die Schule Andrea Bregnos, der in 5. Maria
del Popolo im Grabmal des Thriftoforo della
Rovere einen zweiten, ganz originellen Grabtypus geschaffen hat (Abb. 3H), der
unzählige Male, wenn auch niemals wieder in so schönen Verhältnissen, wiederholt
worden ist, muß sehr umfangreich gewesen sein, aber wir kennen aus der ganzen
Schar seiner Gchülfen nur einen einzigen Namen. Luigi Tapponi gebot in der
Führung des Meißels nicht über so viel Anmut und Geschicklichkeit, wie sein
Lehrer, doch ist sein Areuzigungsrelief in der Tonsolazione immerhin eine sehr
tüchtige Leistung. Schweigend in starrer Todesruhe, schwebt der Gekreuzigte gleich-