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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0133
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4- Innocenz VIII. und Alexander VI.

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zum Ausdruck bringt, eine rührende Bitte, eine ergreifende Predigt, welche sich an
Alexander VI. und seine verderbte Aurie richtete. Die menschlichen Beziehungen,
die Savonarola immer wieder im Berhältnis Marias zu ihren: Sohne betont
Hatte, hat Michelangelo, dessen Seele noch ganz von den Predigten des Dominikaners
erfüllt war, als er im Zuni 14H6 in Rom erschien, in einem Marmorbilde in
ewig unerreichter Sprache geschildert. Das Todesweh der Mutter äußert sich so
ahnungsvoll und gehalten in der Bewegung der Linken, in den verschleierten Zügen
des jugendlich schönen Angesichts; die Liebe des Sohnes ist so rührend in dem
Faltenstück angedeutet, das sich ihm zwischen die Finger der schlaff herabhängenden
Rechten geschoben Hat. Za, die beiden sind verbunden, wenn sich auch Tod und
Leben zwischen sie gestellt! Mas mag nur Michelangelo empfunden haben, als
ihn aus dem toten Marmor auf einmal der lebendige Odem dieses Bildwerkes
angeweht hat, als diese strahlende Verkörperung seiner heiligsten Gedanken deutlicher
und immer herrlicher sich aus der gestaltlosen Blasse emporrang? Er bewegte
gewiß die letzten Liebesbethätigungen zwischen Mutter und Sohn in seiner Seele,
wie sie ,der Prophet* geschildert Hatte. Den Herzzerreißenden Abschied und die
Bitte Marias, mit ihren: Sohne sterben zu dürfen, die segnende Liebe des in den
Tod gehenden Erlösers, welcher der Mutter den peilszweck seines Leidens erklärte,
die Fassung Marias unter den: Rreuz, wo man sie sah fröhlich und traurig
zugleich und ganz versunken in das Geheimnis der großen Barmherzigkeit Gottes*.
Das war der Anfang Michelangelos in Rom; wie glorreich follte der Fort-
gang sein und wie erhaben das Ende!


Vatican. Pinturicchio. Wappen des Papstes Innocenz VIII.
 
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