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Rom in der Renaissance.
auf den vaticanischen Palast. Ja, wie die Grabeskirche des Apostelsürsten, nach
seinen Plänen durchgeführt, der herrlichste Tempel geworden wäre, der jemals einer
Gottheit geweiht worden ist, so hätte kein Fürst der Trde jemals eine würdigere
Residenz bewohnt, wie Julius II. Hätte er sein eigenes Leben und das seines
Architekten uni fünfzig Jahre verlängern können. Aber nur an den Loggien des
Damasushoses, dessen oberstes Stockwerk Raphael später hinzugesügt und ausgemalt
hat, wurden Bramantes Absichten zur That; der wundervolle Plan durch eine
Verbindung des Palastes Nicolaus' V. mit dem Lustschloß Znnocenz' VIII. dem
gewaltigsten Päuserkomplex im Vatican die klarste Komposition und die edelsten
Verhältnisse zu geben, wurde niemals in Bramantes Sinn vollendet, und Heute ist
die ganze Anlage durch die Zwischenbauten der vaticanischen Bibliothek und des
Braccio Nuovo zerstört.
Von einen: Fenster des Appartamento Borgia aus wird es uns an: leichtesten
gelingen, die Absichten Bramantes zu erraten, den Grundplan seiner wunderbar
klar komponierten Schöpfung zu verstehen. Die mehr als vierhundert Schritt ent-
fernt gelegene Villa Znnocenz' VIII. faßte er als Zielpunkt ins Auge und baute
sie völlig um, indem er die Fassade auf den Palast Nicolaus' V. richtete und in
der Mitte gleichsam als Thorabschluß jene Riesennische erfand, welche noch heute
über alle Dächer der Zwischenbauten emporragt. Parallellaufende Loggien, deren
Säulenordnungen nach den: Marcellustheater kopiert waren, sollten Palast und
Belvedere verbinden, aber nicht einmal mehr den rechten Korridor Hat Bramante
ganz vollendet gesehen.
Das ansteigende Terrain des Riesenhofes, den erst Pius V. auch an der linken
Seite nicht mehr durch Säulenhallen, sondern durch einen lang Hinlaufendei: Palastflügel
begrenzt hat, wurde dann aufs glücklichste zu einer Teilung des Planes benutzt,
der sich terrassenförmig von: Palast zur Villa emporhob.
Der sogenannte pof des Belvedere, auf den wir heute von: Appartamento
Borgia aus direkt herniedersehen, diente als Theater sür Schaustellungen und Turniere;
zum Giardino della Pigna, ebendort, wo heute die Bibliothek die Aussicht versperrt,
führte eine bequeme und glänzende Treppenanlags empor, und hier oben Hatte sich
der greise Papst ein kleines Paradies geschaffen, wo er die wenigen Mußestunden
seines vielbewegten Daseins verbrachte. Francesco Albertini, welcher die Wunder-
dinge Roms in den Tagen Zulius' II. gesehen und beschrieben hat, widmet den
perrlichkeiten des ,Belvidere' ein besonderes Kapitel, und Vasari thut uns kund, daß
man in Ron: der Ansicht war, etwas Schöneres sei seit den Tagen der Antike
nicht erfunden und ausgeführt worden. Die Apollostatue, welche er schon als
Kardinal erworben hatte, und den Laocoon, welcher eben erst in: Zanuar H306
den: Schoße der Erde entrissen war, ließ Zulius II. Hier oben mit anderen Antiken
in seinem Antiquarium aufstellen, wo in den Gärten die Vögel sangen und die
Brunnen plätscherten und eine Znschrift über den: Tingange allen Alltagsmenfchcn
den Zutritt versagte.
Das Peldenzeitalter der Renaissance war angebrochen; ihr größter Architekt,
Bramante, ihr größter Bildhauer, Michelangelo, ihr größter Maler, Raphael, Haben
sich einer nach den: anderen in den Dienst des gewaltigen Papstes gestellt, der cs
Rom in der Renaissance.
auf den vaticanischen Palast. Ja, wie die Grabeskirche des Apostelsürsten, nach
seinen Plänen durchgeführt, der herrlichste Tempel geworden wäre, der jemals einer
Gottheit geweiht worden ist, so hätte kein Fürst der Trde jemals eine würdigere
Residenz bewohnt, wie Julius II. Hätte er sein eigenes Leben und das seines
Architekten uni fünfzig Jahre verlängern können. Aber nur an den Loggien des
Damasushoses, dessen oberstes Stockwerk Raphael später hinzugesügt und ausgemalt
hat, wurden Bramantes Absichten zur That; der wundervolle Plan durch eine
Verbindung des Palastes Nicolaus' V. mit dem Lustschloß Znnocenz' VIII. dem
gewaltigsten Päuserkomplex im Vatican die klarste Komposition und die edelsten
Verhältnisse zu geben, wurde niemals in Bramantes Sinn vollendet, und Heute ist
die ganze Anlage durch die Zwischenbauten der vaticanischen Bibliothek und des
Braccio Nuovo zerstört.
Von einen: Fenster des Appartamento Borgia aus wird es uns an: leichtesten
gelingen, die Absichten Bramantes zu erraten, den Grundplan seiner wunderbar
klar komponierten Schöpfung zu verstehen. Die mehr als vierhundert Schritt ent-
fernt gelegene Villa Znnocenz' VIII. faßte er als Zielpunkt ins Auge und baute
sie völlig um, indem er die Fassade auf den Palast Nicolaus' V. richtete und in
der Mitte gleichsam als Thorabschluß jene Riesennische erfand, welche noch heute
über alle Dächer der Zwischenbauten emporragt. Parallellaufende Loggien, deren
Säulenordnungen nach den: Marcellustheater kopiert waren, sollten Palast und
Belvedere verbinden, aber nicht einmal mehr den rechten Korridor Hat Bramante
ganz vollendet gesehen.
Das ansteigende Terrain des Riesenhofes, den erst Pius V. auch an der linken
Seite nicht mehr durch Säulenhallen, sondern durch einen lang Hinlaufendei: Palastflügel
begrenzt hat, wurde dann aufs glücklichste zu einer Teilung des Planes benutzt,
der sich terrassenförmig von: Palast zur Villa emporhob.
Der sogenannte pof des Belvedere, auf den wir heute von: Appartamento
Borgia aus direkt herniedersehen, diente als Theater sür Schaustellungen und Turniere;
zum Giardino della Pigna, ebendort, wo heute die Bibliothek die Aussicht versperrt,
führte eine bequeme und glänzende Treppenanlags empor, und hier oben Hatte sich
der greise Papst ein kleines Paradies geschaffen, wo er die wenigen Mußestunden
seines vielbewegten Daseins verbrachte. Francesco Albertini, welcher die Wunder-
dinge Roms in den Tagen Zulius' II. gesehen und beschrieben hat, widmet den
perrlichkeiten des ,Belvidere' ein besonderes Kapitel, und Vasari thut uns kund, daß
man in Ron: der Ansicht war, etwas Schöneres sei seit den Tagen der Antike
nicht erfunden und ausgeführt worden. Die Apollostatue, welche er schon als
Kardinal erworben hatte, und den Laocoon, welcher eben erst in: Zanuar H306
den: Schoße der Erde entrissen war, ließ Zulius II. Hier oben mit anderen Antiken
in seinem Antiquarium aufstellen, wo in den Gärten die Vögel sangen und die
Brunnen plätscherten und eine Znschrift über den: Tingange allen Alltagsmenfchcn
den Zutritt versagte.
Das Peldenzeitalter der Renaissance war angebrochen; ihr größter Architekt,
Bramante, ihr größter Bildhauer, Michelangelo, ihr größter Maler, Raphael, Haben
sich einer nach den: anderen in den Dienst des gewaltigen Papstes gestellt, der cs