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Rom in der Renaissance.
Anfangs scheint er erregt und von Zweifeln und Borgen gequält, ob die Araft
ihm ausreichen würde, dann wird er stiller und endlich voll guter Hoffnung, das
Werk zu vollenden. Aber die Grundstimmung des einsamen Mannes bleibt dieselbe
die langen Zahre hindurch; sie ist erschütternd ernst. Leit zwölf Zahren/ schreibt
er im Zuli sSOY an einen ungeratenen Bruder, ,bin ich durch Ztalien gewandert;
ertragen habe ich jede Schmach, erlitten jegliche Entbehrung, zerrissen mein Fleisch
in jeder Mühsal, gefährdet das eigene Leben tausendmal, nur um den Meinigen
zu Helfen.' Und als sein Werk sich schon dem Ende nähert, bricht er in die Worte
aus: ,Zch leide größere Bot, als je ein Mensch erlitten hat; ich bin krank und
muß übermenschlich arbeiten, und doch habe ich Geduld und Hoffnung, endlich das
ersehnte Ziel zu erreichen. Drei Monate daraus, Anfang Oktober säs2, berichtet
er den: Vater schon die Vollendung der Malerei mit den schlichten Worten: ,Zch
habe die Aapelle beendet, die ich malte, und der j/apst ist außerordentlich wohl
99. Siindenfall und Vertreibung aus dem Paradies.
zufrieden.' Michelangelo aber war es nicht. .Habt auf Euer Leben acht/ schreibt
er im Spätherbst desselben Zahres an seinen Vater, .und wenn Zhr nicht irdische
Ehren haben könnt, laßt Euch am täglichen Brot genügen, lebt in Frieden mit
Ehristus und arm wie ich selbst. Lebe ich doch erbärmlich schlecht und mühselig
und von tausend argwöhnischen Gedanken gequält, ohne viel nach den: Leben und
nach eitler Ehre zn fragen. Und seit fünfzehn Zahren habe ich keine frohe Stunde
gehabt und das alles, um Euch zu helfen, die Zhr es niemals anerkannt habt. Gott
verzeihe uns allen! Zch bin bereit, dasselbe noch einmal zu thun, wenn ich lebe
und wenn ich kann.'
Aber in ganz Aon: wurde die Enthüllung der Volta als ein festliches
Ereignis begangen, und Eondivi erzählt, daß alle Welt herbeieilte, das neue Wunder
anzustaunen. Der j/apst selbst hatte das Ende nicht erwarten können, und als er,
ein geschlagener Mann, in seiner geistlichen und weltlichen Machtstellung bedroht,
in: Sommer säss nach Ron: zurückgekehrt war, betrieb er sofort die Enthüllung
der Malereien, soweit sie vollendet waren. Zn der That, an der Vigilie des
Rom in der Renaissance.
Anfangs scheint er erregt und von Zweifeln und Borgen gequält, ob die Araft
ihm ausreichen würde, dann wird er stiller und endlich voll guter Hoffnung, das
Werk zu vollenden. Aber die Grundstimmung des einsamen Mannes bleibt dieselbe
die langen Zahre hindurch; sie ist erschütternd ernst. Leit zwölf Zahren/ schreibt
er im Zuli sSOY an einen ungeratenen Bruder, ,bin ich durch Ztalien gewandert;
ertragen habe ich jede Schmach, erlitten jegliche Entbehrung, zerrissen mein Fleisch
in jeder Mühsal, gefährdet das eigene Leben tausendmal, nur um den Meinigen
zu Helfen.' Und als sein Werk sich schon dem Ende nähert, bricht er in die Worte
aus: ,Zch leide größere Bot, als je ein Mensch erlitten hat; ich bin krank und
muß übermenschlich arbeiten, und doch habe ich Geduld und Hoffnung, endlich das
ersehnte Ziel zu erreichen. Drei Monate daraus, Anfang Oktober säs2, berichtet
er den: Vater schon die Vollendung der Malerei mit den schlichten Worten: ,Zch
habe die Aapelle beendet, die ich malte, und der j/apst ist außerordentlich wohl
99. Siindenfall und Vertreibung aus dem Paradies.
zufrieden.' Michelangelo aber war es nicht. .Habt auf Euer Leben acht/ schreibt
er im Spätherbst desselben Zahres an seinen Vater, .und wenn Zhr nicht irdische
Ehren haben könnt, laßt Euch am täglichen Brot genügen, lebt in Frieden mit
Ehristus und arm wie ich selbst. Lebe ich doch erbärmlich schlecht und mühselig
und von tausend argwöhnischen Gedanken gequält, ohne viel nach den: Leben und
nach eitler Ehre zn fragen. Und seit fünfzehn Zahren habe ich keine frohe Stunde
gehabt und das alles, um Euch zu helfen, die Zhr es niemals anerkannt habt. Gott
verzeihe uns allen! Zch bin bereit, dasselbe noch einmal zu thun, wenn ich lebe
und wenn ich kann.'
Aber in ganz Aon: wurde die Enthüllung der Volta als ein festliches
Ereignis begangen, und Eondivi erzählt, daß alle Welt herbeieilte, das neue Wunder
anzustaunen. Der j/apst selbst hatte das Ende nicht erwarten können, und als er,
ein geschlagener Mann, in seiner geistlichen und weltlichen Machtstellung bedroht,
in: Sommer säss nach Ron: zurückgekehrt war, betrieb er sofort die Enthüllung
der Malereien, soweit sie vollendet waren. Zn der That, an der Vigilie des