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Rom in der Renaissance.
Hat Michelangelo im Jeremias nur den Propheten schildern wollen, der auf
den Trümmern von Jerusalem seine Seele in Alagen ergießt, hat er bei diesem
Manne, der allein von allen eine individuelle Aleidung trägt, nur an ein Ideal-
bild gedacht, dem es galt, persönliche Geltung zu verleihen? Gder dürfen wir
annehmen, daß der Aünstler, einem allgemeinen Brauche folgend, im Jeremias,
wenn nicht sein äußeres Bild, so doch sein innerstes Empfinden zum Ausdruck
gebracht hat? ,Ich habe keinen Freund und ich will auch keinenh schrieb Michel-
angelo einmal an seinen Vater in einer jener trüben Stimmungen, die ihn so oft
heimgesucht haben, als er einsame Tage, Monate und Jahre oben auf seinem
Gerüst in der Sixtinischen Aapelle verbrachte. Und doch hat derselbe Mann in
späteren Jahren eingestanden, daß niemand größere Liebe haben könne zu edlen
NZ. Der Prophet Ezechiel.
r^. Der Prophet Daniel.
Menschen, als er selbst, und daß er vielen Umgang meiden müsse, um nicht sein
Herz an seine Freunde zu verlieren. Aber es waren nicht nur die Dualen der
Einsamkeit, es war auch nicht die durch körperliche Anstrengung erzeugte Melancholie
allein, die Michelangelos Seele so umdüsterten, daß er die größte Ruhmesthat seines
Lebens mit einenr Jeremias abschloß, daß er in eine markerschütternde Ulage
ausbrach, wo er einen Lobgesang anstimmen durfte. Auch angesichts der Sistina-
decke hat der schaffensmüde Mann noch nicht an seinen Genius als Maler geglaubt,
wie er es selber ausspricht in einem berühmten Sonett, in welchem er mit bitteren:
Humor die unendliche Mühsal seiner Arbeit beschreibt. Und kaum hatte er den
Pinsel aus der Hand gelegt, so griff er zum Meißel zurück; aus dem Jeremias
der Sistina hat sich fast unmittelbar der Moses von San Pietro in Vincoli
entwickelt.
Am ch Juli f5s2 war Alphons von Ferrara in Ron: erschienen, ein Un-
Rom in der Renaissance.
Hat Michelangelo im Jeremias nur den Propheten schildern wollen, der auf
den Trümmern von Jerusalem seine Seele in Alagen ergießt, hat er bei diesem
Manne, der allein von allen eine individuelle Aleidung trägt, nur an ein Ideal-
bild gedacht, dem es galt, persönliche Geltung zu verleihen? Gder dürfen wir
annehmen, daß der Aünstler, einem allgemeinen Brauche folgend, im Jeremias,
wenn nicht sein äußeres Bild, so doch sein innerstes Empfinden zum Ausdruck
gebracht hat? ,Ich habe keinen Freund und ich will auch keinenh schrieb Michel-
angelo einmal an seinen Vater in einer jener trüben Stimmungen, die ihn so oft
heimgesucht haben, als er einsame Tage, Monate und Jahre oben auf seinem
Gerüst in der Sixtinischen Aapelle verbrachte. Und doch hat derselbe Mann in
späteren Jahren eingestanden, daß niemand größere Liebe haben könne zu edlen
NZ. Der Prophet Ezechiel.
r^. Der Prophet Daniel.
Menschen, als er selbst, und daß er vielen Umgang meiden müsse, um nicht sein
Herz an seine Freunde zu verlieren. Aber es waren nicht nur die Dualen der
Einsamkeit, es war auch nicht die durch körperliche Anstrengung erzeugte Melancholie
allein, die Michelangelos Seele so umdüsterten, daß er die größte Ruhmesthat seines
Lebens mit einenr Jeremias abschloß, daß er in eine markerschütternde Ulage
ausbrach, wo er einen Lobgesang anstimmen durfte. Auch angesichts der Sistina-
decke hat der schaffensmüde Mann noch nicht an seinen Genius als Maler geglaubt,
wie er es selber ausspricht in einem berühmten Sonett, in welchem er mit bitteren:
Humor die unendliche Mühsal seiner Arbeit beschreibt. Und kaum hatte er den
Pinsel aus der Hand gelegt, so griff er zum Meißel zurück; aus dem Jeremias
der Sistina hat sich fast unmittelbar der Moses von San Pietro in Vincoli
entwickelt.
Am ch Juli f5s2 war Alphons von Ferrara in Ron: erschienen, ein Un-