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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0166
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Rom in der Renaissance.

Apollo spielt eben einen seiner göttlichen Gesänge nicht auf der Leier, sondern aus
der Violine, und seine Musen Hören zu, ohne dabei ihren Sinn von der Außenwelt
abzukehren. Leise singend hat der Gott den Mund geöffnet (Abb. 127), und folgen wir
dem Vlick seiner erhobenen Augen, so meinen wir, er richte all die süße Sehnsucht
seiner Lieder an die Musica am goldenen Mosaikhimmel über ihm, und das
,numine skslaturh welches dort schon erfüllt, komme hier noch einmal in einer
rührenden Litte zum Ausdruck. Wir fragen nicht lange nach den Namen der
Glücklichen, die sich in diesem Dichterparadies, wo nur der Lorbeerbaum gedeiht,
zusanunenfanden, wir freuen uns nur, daß jetzt auch der weltvertriebene Poet eine
Peimat gefunden hat, wo ihn die rauhen Lebensstürme nicht mehr erreichen können.
Der weißbärtige, blinde Isomer, von Heiligem Feuer durchglüht, verkündet laut, was


;28. Stanza della Segnatnra. Auffindung eines Sarkophages mit griechischen und
lateinischen Klassikern.

ihm die Gottheit eingegeben, Dante, der unter Dichtern wie unter Theologen Palme
und Lorbeer errungen hat, blickt ernst und sinnend auf seinen Führer Virgil, der
mit ausgestreckter Rechten auf den singenden Apoll weist; links in der Gruppe
unter dem Lorbeerbaum, begegnen uns Petrarcas wohlbekannte Züge, und die
Dichterin Sappho hält selbst ihren Namen aus einer zufällig ihrer lsand sich ent-
rollenden Schrift empor. Das ist alles, was wir in diesem Areise nennen sollen,
und auf ein weiteres müssen wir verzichten, ist es auch gewiß, daß Raphael mit
jedem seiner Aäpse die Vorstellung eines bestimmten Dichters verband. Warum
auch dort uach Namen forschen, wo wir so gerne voraussetzungslos genießen, was
wollen wir nach Worten suchen für diese süßen Melodieen? Stehen nicht alle
Männer und Frauen unter dein Zauberbanne der heiligen Töne Apolls? So
zerstreut sie auch auf der pöhe des Hügels und an seinen Abhängen ihre Plätze
gefunden haben, so liebenswürdig und gelassen sie auch sich miteinander zu beschäf-
 
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