n Die Anfänge.
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dem unruhig werdenden Anaben sitzen, der sich an: liebsten von der Mutter los-
reißen möchte und es doch nicht wagt, den Blick von dem Prediger abzuwenden.
Welch eine hingebende Andacht uralt sich in den Gesichtern, wie fein und scharf
charakterisieren sich die Temperamente in Mienen und Gebärden, mit welchem
Glücksgefühl atmen diese Frauen den reinen Gdem der neueir Lehre ein! Man fragt
erstaunt, wo hat der weltflüchtige Dominikaner in klösterlicher Einsamkeit Gelegenheit
gefunden für seine psychologischen Studien, und doch versenkt man sich mit Ent-
^. Fra Giovanni Angelico. Diakonenweihe des H. Laurentius.
zücken in eine völlig ideale Welt, wo nur die reinsten, süßesten Empfindungen Geltung
haben, deren eine Menschenseele fähig ist.
Wie wenig es dem frommen Maler gelingen wollte, in feiner Aunst die
schlechteren Eigenschaften der Menschen zu offenbaren, sie zu schildern, wenn Zorn
und Neid, Paß und Bitterkeit ihre Perzen erregt, giebt sich schon im folgenden Bilde
kund, wo Stephanus vor dem jüdifchen Rate erscheint. Zwar bewegt sich der Proto-
märtyrer selbst noch freier in ruhig-ernster Würde, die strafend, fast drohend er-
hobenen Pände bedeuten eine Steigerung des Affekts, mit welchem er seine gute
Sache verteidigt, ja, einige seiner graubärtigen Widersacher beißen gar grimmig die
Zähne aufeinander, andere verspotten ihn mit lebhaft bewegtem Fingerspiel, aber
wir können uns doch nicht davon überzeugen, daß dieser ruhig thronende Priester-
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dem unruhig werdenden Anaben sitzen, der sich an: liebsten von der Mutter los-
reißen möchte und es doch nicht wagt, den Blick von dem Prediger abzuwenden.
Welch eine hingebende Andacht uralt sich in den Gesichtern, wie fein und scharf
charakterisieren sich die Temperamente in Mienen und Gebärden, mit welchem
Glücksgefühl atmen diese Frauen den reinen Gdem der neueir Lehre ein! Man fragt
erstaunt, wo hat der weltflüchtige Dominikaner in klösterlicher Einsamkeit Gelegenheit
gefunden für seine psychologischen Studien, und doch versenkt man sich mit Ent-
^. Fra Giovanni Angelico. Diakonenweihe des H. Laurentius.
zücken in eine völlig ideale Welt, wo nur die reinsten, süßesten Empfindungen Geltung
haben, deren eine Menschenseele fähig ist.
Wie wenig es dem frommen Maler gelingen wollte, in feiner Aunst die
schlechteren Eigenschaften der Menschen zu offenbaren, sie zu schildern, wenn Zorn
und Neid, Paß und Bitterkeit ihre Perzen erregt, giebt sich schon im folgenden Bilde
kund, wo Stephanus vor dem jüdifchen Rate erscheint. Zwar bewegt sich der Proto-
märtyrer selbst noch freier in ruhig-ernster Würde, die strafend, fast drohend er-
hobenen Pände bedeuten eine Steigerung des Affekts, mit welchem er seine gute
Sache verteidigt, ja, einige seiner graubärtigen Widersacher beißen gar grimmig die
Zähne aufeinander, andere verspotten ihn mit lebhaft bewegtem Fingerspiel, aber
wir können uns doch nicht davon überzeugen, daß dieser ruhig thronende Priester-