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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0063
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2. Sixtus IV.

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HO. St. Peter. Sakristei. Melozzo da Forti.
Axostelkopf.

Unter der lauschenden Umgebung Sr. Heiligkeit läßt sich mit Sicherheit nur Giuliano
della Rovere bestimmen, der in vornehmer Rardinalstracht, würdevoll und Hoch-
ragend wie sein Wappenemblem, der Eichbaum, zwischen Sixtus und Platina in der
Mitte des Bildes erscheint und die dunklen Augen, welche allein seinen ehernen
Zügen einiges Leben verleihen, fest auf den sitzenden Oheim gerichtet Hat. Wir
begreifen schon jetzt, daß dieser gewaltige Mann zu Zeiten mit unbeschränkter
Macht über den Willen des greisen Papstes verfügte, und die Vermutung will uns
begründet erscheinen, welche in den größten künstlerischen Unternehmungen Sixtus' IV.
schon den Geist und den Genius des zukünftigen Julius II. erkennt.
Giuliano della Rovere und niemand anders hat auch wenige Zahre später
den Meister von Forli mit der Aus-
malung des neuen Thores von SS.
Apostoli beauftragt, aber einen genauen
Termin, wann diese Fresken fertig
wurden, kennen wir nicht. Zhm war
ja mit der Erbschaft von SS. Apostoli
auch die Verpflichtung zugefallen, die
Riesenbauten an Palast und Rirche
fortzusetzen, die durch den Tod des
Aietro Riario, der nach einem kurzen,
phantastischen Traum von Wollust,
Glanz und Glück im Zanuar l^^
gestorben war, so jäh unterbrochen
wurden. Zn: Zanuar s^77 erhielt
Melozzo eine Zahlung für seine Fresken
in der Bibliothek, von welchen Heute
nur noch das große Teremonienbild
erhalten ist; das folgende Zahr ver-
brachte er ganz in Loreto, und schon
im Juni des Jahres sH80 begab sich
Giuliano della Rovere als Legat nach
Frankreich und kehrte erst im Januar

sH82 zurück. So können seine Abmachungen mit Melozzo nur in das Jahr sH79
fallen, und ein feierliches Hochamt, welches Sixtus IV. am l. Mai sH8s in der
Apoftelkirche hielt, und das im folgenden Zahre in der Gegenwart Giulianos
wiederholt wurde, bezeichnet wahrscheinlich den Zeitpunkt der Vollendung der Thor-
malereien, die schon im Zähre ^ss einer Restauration zum Opfer gefallen sind.
Aber wenn wir uns heute auch von der Gesamtwirkung und von der Rompo-
sition dieses ,wunderherrlichen Ganzen* keinen Begriff mehr machen können, so bezeugen
doch noch die zahlreich erhaltenen Bruchstücke die ernste Schönheit, die Mannigfaltig-
keit von Ausdruck und Bewegung, die unwiderstehliche Glut der Empfindung,
welche Melozzos erhabenste Schöpfung beseelt hat. Find es geschah, da er sie
segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel, und eine Wolke nahm ihn
auf vor ihren Augen weg.* Diese Worte aus dem Lukasevangelium und aus der
Steinmann, Rom in der Renaissance.7
 
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