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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0059
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29

»Zinsmeister-Kopie« sind nicht auf die Tafel des Germanischen Nationalmu-
seums zurückzuführen, sondern lassen sich als eigenständige, teilweise »verbes-
sernde« Veränderungen des Kopisten erklären; so verzichtete dieser bei seiner
Fassung ganz auf die kleinen Stifterfiguren, welche sich noch auf den beiden
älteren Tafeln (GNM / St. Sebald) befanden, weshalb er die Tafel in der Höhe in
etwa um jenen Raum erweiterte, den er unten durch den Verzicht auf den »Stif-
terstreifen« gewonnen hatte. Die ursprünglich zwischen den Stifterfiguren be-
findliche Dornenkrone Christi hatte deshalb weiter rechts, nach oben - deutlich
neben das Leichentuch - »wandern« müssen, da sie einen größeren leeren Raum
unterhalb des Zipfels des Leichentuch - alleine - nicht hätte ausfüllen können.
Obwohl die Tafel im unteren Bereich »verkürzt« worden war, sollten die beiden
unteren Bildecken nun dennoch auffällig leer wirken; denn Albrecht Dürer hatte
bei der Gestaltung seines Bildes die Komposition so angelegt, daß die Linien des
zentralen Geschehens nach oben hin - zu den Seiten - ansteigen, um den Stifter-
figuren genügend Raum zu geben. Ein Vergleich mit dem Holzschnitt der Be-
weinung297 aus der Großen Passion (ohne Stifterfiguren) mag diese Beobachtung
bestätigen, da sich ein solches, auffälliges Abfallen der Linien zur Mitte hin dort
nicht manifestiert; andererseits mag man dabei erkennen, daß von der großzügi-
ger gestalteten Komposition der Dürer'schen Holzschuher-Tafel kein Weg hin
zur gedrängten Enge des Holzschnittes führt; die Lösung desselben (Dornenkro-
ne links I paralleler Abschluß des Bildes durch den Körper Christi / das Dürer-
Monogramm unmittelbar am Bildrand neben dem Leichentuch) ist keinesfalls
eine Weiterentwicklung des Holzschuher-Bildes unter Weglassung von Stifter-
figuren.
Der Kopist der »Zinsmeister-Tafel« hatte auf die Anbringung eines Dürer-
Monogramms auf dem Zipfel des hellen Leichentuches verzichtet298; anders als
der Künstler der Frankfurter Mitteltafelkopie des Paumgartner-Altars (Hierzu
Teil III, Kapitel 4.1.3. dieser Arbeit) sollte der Künstler der »Zinsmeister-Ko-
pie« das Zeichen Dürers nicht durch ein eigenes Zeichen ersetzen, sondern er
ließ diese ausgezeichnete Stelle leer.
Anzelewsky299 hatte noch geschrieben, daß »die fremdartigen Züge in den
Gesichtern und die um 1500 ganz ungewöhnliche Form des Bartes bei dem
Mann neben Johannes« auf der Tafel des Germanischen Nationalmuseums
»wohl vorwiegend« auf die beiden Restaurierungen [Koester/Hauser] zurückzu-
führen seien; er berief300 sich dabei auf eine Mitteilung von Franz Winzinger
vom 29.11.1976, derzufolge auf der Riedenburger-Tafel »die ursprüngliche
Form des bärtigen Kopfes [des Josef von Arimathäa] überliefert« sei. Bei einer
Röntgen-Untersuchung der Dürer 'sehen Tafel des Germanischen Nationalmuse-
 
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