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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0066
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sprünglichen344 Stelle (an "der Saeulen wo die Cantzel ift"345), an die sie einst ge-
stiftet wurde. Laut einem ehemals an dem Bild angebrachten Schild handelt es
sich um eine Leihgabe der Ev. Luth. Kirchenverwaltung St. Sebald.
Auf der Vorderseite der Tafel zu St. Sebald, deren Rückseite346 mir während
meiner Besuche in Nürnberg - aufgrund der besonderen Größe des Bildes - lei-
der nicht zugänglich war, haben sich, anders als auf der Tafel im Germanischen
Museum noch die alten Familienwappen347 erhalten: die »redenden« Holz-
schuher-Wappen348 (»schwarzer Schuh mit weißem Holz und rotem Futter in gel-
bem Feld«), die Allianzwappen der drei verheirateten Söhne (Groland349,
Müntzer350, Pühl/Bühl351) und "rechts das Wappen der Gruber"352 [ein nach unten
offener Winkel353, der in der Mitte in zwei Hälften geteilt wird (»heraldisch
rechte« Hälfte: blau auf gold / »heraldisch linke« Hälfte: gold auf blau)]. Das
Holzschuher-Wappen des Vaters, wie auch das Gruber-Wappen seiner Ehefrau
sind jeweils größer als die Wappen der Kinder, wodurch die beiden Eheleute
deutlich aufeinander bezogen sind; der Künstler hatte dabei die von Albrecht
Dürer auch in der Graphik bevorzugte354 Schildform der »Tartsche«355 (= Stech-
schild) verwendet: einen leicht konkaven Halbrundschild, dessen »Speerruhe«
nur noch durch eine bogige Einbuchtung einer der beiden Schildseiten ange-
deutet wird. Darüberhinaus sind beide Wappenschilder mit Wappenschmuck
(Heimdecken356, Stechhelm357 mit dunkelblau/weißer™ »Binde«359 und Helmzier)
versehen (= sog. »Vollwappen«); die Form des Stechhelms kann - so Grenser360
- als die zur Tartsche geeignetste angesehen werden. Die Helme, auf denen auch
Details wie die Nieten am Visier zu erkennen sind, sitzen jeweils über der
oberen äußeren Ecke des Wappens und die Helmdecken kommen in ihrer Funk-
tion »überzeugend« über dem Helm zu liegen. Als Helmzier des väterlichen
Wappens diente eine sog. »Puppe«: ein rotgekleideter Mohr361 - fast im Profil -
mit roten Lippen und einem rotem, spitzen Hut. Diesem Detail, welches die Ta-
fel zu St. Sebald noch heute deutlich von der Tafel im Germanischen National-
museum unterscheidet, war in der Forschung bisher keine besondere Bedeu-
tung362 beigemessen worden, weshalb es ganz unerwähnt blieb. Die Helmzier
beim Gruber-Wappen363 besteht hingegen aus Vogelschwingen364; in der Gestal-
tung weicht auch diese Helmzier - in einem wesentlichen Detail - von der Tafel
im Germanischen Nationalmuseum ab: anders als auf der Tafel der St. Sebaldus-
kirche kann man auf der GNM-Tafel heute eine zweifache, nach oben »erweiter-
te« Federnreihe sehen. Dieser Eindruck kommt zustande, da diese Stelle of-
fenbar verändert wurde; nur in den oberen blau/weißen Federn dürfte noch etwas
von der ursprünglichen farblich alterierenden Gestaltung der Helmzier überlie-
fert sein.
 
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