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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0132
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werbung des Bildes in einem Brief an seinen Bruder anmahnte: Das schlimmste
werde sein, einige übermalte Stellen wegzubringen. "Sagt nur einftweilen in
Heidelberg nicht, daß das Bild bald komme, denn wir werden 's wohl nicht eher
zeigen dürfen, als bis es ganz in Ordnung gebracht ift."1077 Ansonsten fand sich
lediglich der Satz, daß »die fatalen hereingeklecksten Farben nichts verdorben
hätten und heraus seien« (s.o.); dieser Satz geht allerdings unmittelbar dem Hin-
weis auf »das merkwürdige Stückchen mit dem Wappen« voraus (s.o.). Johann
Wolfgang von Goethe gegenüber hatte Boisseree geschrieben, daß die Tafel von
einigen übermalten Stellen befreit worden sei (s.o.). Waagen1078 sollte 1843 fest-
stellen, daß am besten noch die Landschaft und die Familienportraits""9 der Stif-
ter erhalten seien; ob diese Beobachtung nun eine Wirkung der Koester'sehen
Restaurierung und/oder einer unter der Übermalung erhaltenen alten Malschicht
ist, kann an dieser Stelle kaum1080 entschieden werden; eine solche Entscheidung
muß vielmehr der Beurteilung eines erfahrenen Restaurators vorbehalten blei-
ben.
An dem Raum, den der Künstler in der Komposition des Bildes, anders etwa
als bei der Glimm'schen Beweinung, unten »freigelassen« hat, mag man erse-
hen, daß Dürer bzw. der ausführende Gehilfe jedoch von Anfang geplant hatte,
auch die Holzschuher-Kinder abzubilden; bei einer einfachen Abbildung von
Vater und Mutter hätte sich eine Lösung wie auf der Glimm'schen Beweinung
(mit leichten Überschneidungen) angeboten, eine Lösung, die wohl auf die ge-
ringere Kinderzahl zurückzuführen ist, die jener Stifter mit seiner ersten Frau
Margreth Holtzmann hatte. Der Holzschnitt1081 (B.13) mag verdeutlichen, daß für
Dürer dieser »freigelassene« Raum unterhalb des Christus kein grundsätzliches
»kompositorisches Muß« gewesen war. Es scheint, als habe auch die Dornen-
krone auf den beiden Epitaphien ihren ursprünglichen Ort auf dem Holzschnitt
(linke Bildecke, unten) mit dem der Bildmitte eingetauscht, da dieser Raum an
den Seiten dort für die Stifterfiguren der Männerseite gebraucht wurde. Auf der
Zeichnung der Graphischen Sammlung ist das Bild - in seiner Komposition -
ebenfalls für die Stifterfiguren nach unten verlängert; die Dornenkrone fiel dabei
ganz weg bzw. war in der Mitte durch eine Weihinschrift ersetzt worden, wie
wir sie noch von dem in Nürnberg10*2 erhaltenen originalen Rahmen von Dürers
Landauer-Altar1083 ("Allerheiligenbild" für Matthäus Landauer) her kennen.
Auch im Falle des Wiener Bildes ist uns ein »erster« Entwurf1084 erhalten, der -
wie bei der Zeichnung in München - den Rahmen des Werkes detailgenauer als
das, sogar farbig gegebene, Hauptfeld der Tafel zeigt. Es wird angenommen, daß
die Zeichnung als »modello« für den Besteller diente, um die Gesamtwirkung
von Bild und Rahmen darzustellen, und nicht so sehr des Bildes wegen. Dem-
 
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