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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0186
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"Man wußte längst1701, daß ähnlich wie bei dem Paumgartner-Altar auch bei
diesem Dürerwerk Stifterfiguren durch Übermalung getilgt worden waren, denn
an verschiedenen1702 Stellen konnte man Teile dieser kleinen Figürchen, die
durch die späteren Farbschichten gewachsen waren, unschwer erkennen."1703
"Man sah ihre Umrisse durchschimmern."1704 Auch Scherer1705 hatte unten Stifter-
bildnisse erkannt, hielt diese aber für »Pentimenti« und glaubte, daß Dürer oder
die Besteller dieses Bildes es aus irgendwelchen Gründen verworfen hätten und
an seine Stelle »die zweite Fassung« getreten sei; demnach wäre es eine erste
Version des Hokschuher-Epitaphs in Nürnberg gewesen, weshalb Scherer wohl
auch vermutete, daß beide Bilder (Holzschuher / Glimm) gleichzeitig entstanden
waren. Scherers These mag überraschen, da kurz zuvor (1903) beim Paumgart-
ner-Altar vergleichbare Stifterfiguren glücklich aufgedeckt worden waren.
Scherers Vorstellung sollte sich auch bald als falsch herausstellen: Bereits Weis-
bach1706 schrieb, daß die Stifterfiguren - wie beim Paumgartner-Altar - »über-
pinselt« worden waren; Friedländer1707 notierte 1914, daß die Stifterfiguren
"übermalt" seien; im Jahre 1916 berichtete Karl Voll1708, daß man links in der un-
teren Ecke der Tafel einen Mann [Josef von Arimathäa] stehen sehe, dem in
ganz widersinniger Weise »und jedenfalls höchst schmerzhafter Weise ein gro-
ßer Stein auf die Zehenspitzen gelegt« sei. Ein solches Arrangement rühre natür-
lich nicht von Dürer selbst her. Diese Stelle des Bildes sei zweifelsohne in spä-
terer Zeit übermalt worden. Warum dies geschehen sei, habe man auch zu Volls
Zeit noch erkennen können, denn an dem Stiefelschaft des zuvor erwähnten
Mannes sei deutlich »unter der späten Farbe des Übermalers« noch ein »offen-
bar sehr liebenswürdig und elegant gezeichneter Portraitkopf1709« zutagegetreten.
Es muß an dieser Stelle angemerkt werden, daß der rechte Stiefel des Nikode-
mus auch heute noch - in etwas befremdlicher Weise - von einem Grasstück mit
einem größeren Stein (räumlich hinter der männlichen Stifterfigur mit dem
Glimm'schen Wappenschild) verdeckt wird. Voll hatte richtig erkannt, daß sich
»nach Sitte der Zeit« links unten »wohl eine Gruppe von kleinen Stifterfiguren«
befunden habe. Diese aber hätten in ihrer miniaturmäßigen Behandlung dem Ge-
schmack des »breitspurigen Barocks«, dem Maximilian I. angehört habe, nicht
zugesagt, und seien so durch die Übermalung verdeckt worden. Auch auf der
rechten unteren Ecke der Tafel habe man »allerdings lange nicht so deutlich«
noch die Spuren von Stifterinnen mit betend erhobenen Händen sehen können.
Es sei recht schade, daß man »im Schrecken über die schwarze Wolke« ver-
säumt habe die, wie es bereits damals schien, sehr anmutigen Stifterportaits frei-
zulegen. Laut Angabe des Katalogs1710 von 1920 seien diese Übermalungen von
J.G. Fischer, dem Maler, den man auch für die umfangreichen Veränderung der
 
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