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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0229
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bereits auf Dürers Tafel der Geburt2170 (im Stall) der Sieben Freuden Mariae des
frühen Wittenberger Marienaltars zu sehen gewesen sein, die durch eine Zeich-
nung2171 der Cranach-Schule überliefert zu sein scheint.
Die Anbetung des Kindes durch seine beiden Eltern nimmt auf dem Vorbild
die zentrale Stellung ein; Dürer hatte dieses Motiv aufgegriffen, aber durch den
besonderen Blick des Josef auf Maria abgewandelt; auf die Mutter des Kindes
bezogen nimmt Josef nun - durch ihren Blick auf das Jesuskind vermittelt - an
dieser Anbetung teil. Die beiden Hauptfiguren (Maria mit dem schönen, langen
Haar und Josef) wechselten die Seiten, wobei Josef bei Dürer deutlich eine Stufe
tiefer trat, was erlaubte, daß Josef zugleich auch in Verehrung vor seiner Ehe-
frau, der Mutter des Kindes, niederknien konnte.
2.2. Eine Beschreibung der Altarflügel [Inv.-Nr.701/21:
Die schmalen, hochformatigen Flügel des Altars messen jeweils 157 x 61 Zenti-
meter; wie die Mitteltafel bestehen sie aus Lindenholz2172.
2.2.1. Die Innenseiten der Flügel
Auf den Innenseiten der beweglichen Flügel stehen, als geharnischte Ritter, die
»milites christiani« Georg2173 und Eustachius2174, in leuchtendem Rot2"5 und ei-
sengrau gegen schwarzen Grund. Lediglich das untere Viertel der Bilder wird
von einem vergleichsweise hellen, sandfarbenen, steinigen Boden eingenom-
men, der jedoch mehr Standfläche als tatsächliche Umwelt ist. Die in der Physi-
ognomie als Portraits erkennbaren ernsten Köpfe der Standfiguren werden einer
von Braune2176 erstmals publizierten chronikalischen Nachricht2177 des 17. Jahr-
hunderts (J. Müllner2178) zufolge als Bildnisse zweier Brüder der Familie Paum-
gartner gedeutet. Der Verfasser des Maximilian' sehen Inventars scheint hinge-
gen davon keine Kenntnis mehr gehabt zu haben; er teilte das Desinteresse am
Biographischen der Familie Paumgartner mit dem Herzog, der die Stifter auf der
Mitteltafel hatte übermalen lassen.
C.G. v. Murr2179 zufolge soll die Innenseite des linken (heraldisch rechten)
Flügels »Stephan« Paumgartner als Hl. Georg darstellen, wohingegen der
Hl. Eustachius auf dem rechten (heraldisch linken) Flügel als Bildnis des Lukas
Paumgartner gedeutet wird. Somit sind die Brüder auf dem Altar zweimal darge-
stellt2180, einmal als Donatoren, dann als Heilige; das herkömmliche Zeichen der
Heiligkeit, den Nimbus, läßt Dürer bei seinen ausgeführten Gemälden meistens
weg2181. Eine Ähnlichkeit der Physiognomie der Heiligen mit den kleinen Dona-
 
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