Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0230
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
200

torenbildnissen der Patrizierbrüder ist durchaus erkennbar; darüberhinaus wur-
den die Figuren in beiden Fällen mit Netzhauben dargestellt. Nur sehr selten2182
sind sie in der Literatur unterschiedlich den beiden Heiligen zugeordnet worden.
Als Stifter ist der hagere, ältere Lukas auf der Mitteltafel zwischen seinem Vater
und seinem jüngeren Bruder Steffan dargestellt. Hofmanns Behauptung2183 aus
den Jahren 1904/05, daß die beiden Seitenfiguren des Paumgartner-Altars bisher
falsch gedeutet gewesen seien, beruht auf der falschen Annahme, daß Steffan
der ältere der beiden Brüder sei, denn dann käme ihm als älterem Sohne der
Platz unmittelbar neben dem Vater zu, weshalb sich dann wegen der unzweifel-
haften Ähnlichkeit der Gesichtszüge des St. Eustachius mit denen des neben
dem Vater befindlichen Sohnes, und der Gesichtszüge des St. Georg mit denje-
nigen des jüngeren Sohnes, ganz rechts, auch eine andere Bezeichnung der Au-
ßenflügel ergäbe. Die Konsequenz der These, daß folglich auch die Flügel an-
ders bezeichnet werden müßten, ist vernünftig, doch Hofmann geht eben von der
falschen Vorstellung aus, daß Steffan der ältere der Brüder gewesen sei. Im
Jahre 1910 entkräftet Baumgärtner2184 die These Hofmanns durch den Verweis
auf einen im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg aufbewahrten
Stammbaum2185 (aus dem 18. Jhd.) der Familie Paumgärtner, der beweise, daß
von Martins Söhnen nicht Steffan (geb. 1462), sondern Lukas (geb. 1459) der äl-
tere gewesen sei, weshalb ihm der Platz an der Seite des Vaters gebühre und so-
mit auch die alten Bezeichnungen der Seitenflügel, wie sie schon auf v. Murr zu-
rückgehen, beibehalten werden müßten.
Die Brüder sind in der Gestalt2186 von Heiligen abgebildet. Wie2187 bei den
beiden gemalten Epitaphien der Beweinung konnte der Künstler - im Unter-
schied zu Beispielen aus dem graphischen2188 Werk - auch hier auf die Darstel-
lung von Heiligenscheinen »verzichten«.
"Der Heilige Georg war nach der Legende ein tapferer Ritter und Christ, der
eine Stadt, die von einem gifthauchenden Drachen in Schrecken gehalten wurde,
mit Gottes Hilfe von diesem Untier befreite, nachdem die Bewohner sich hatten
taufen lassen."2189 Der Heilige hält die weiße, stark bewegte Fahne mit rotem
Kreuz - welche ihn noch überhöht - in seiner Rechten und den besiegten Dra-
chen2190 in der Linken. Anders als in vielen anderen Darstellungen ist hier nicht
gezeigt, wie er das Tier tötet oder es tot am Boden liegt, sondern er hat das am
Hals verwundete Tier, wie eine Jagdbeute, mit der behandschuhten2191 Hand am
Hals gepackt. Dem »bemitleidenswerten Ungeheuer« hängt die lange rote Zunge
aus dem weit geöffneten Maul, wodurch man auf das Gebiß mit den beiden lan-
gen Reißzähnen blickt; auch die beiden gefährlichen Reißzähne des Oberkiefers
sind an der langgestreckten Schnauze des Tiers zu erkennen. Der kleine Drache
 
Annotationen