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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0535
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505

siehe Anmerkung 36 dieser Arbeit) in »froschmäuliger« Form; der Rumpf des
Reiters war durch einen festen Halbharnisch und die kleine Stechtartsche (s.o.)
geschützt. Die linke Hand und auch der linke Unterarm steckten in einer steifen
»Stechtatze« (Stecharm: zu einem Stück vereinigtes linkes Armzeug).
Zum Stechen wurde ein stumpfer (!) Spieß mit »Krönig« (Krone mit mehreren
Zacken) verwendet, um die Wucht des Aufpralls auf eine größere Fläche zu
verteilen, so daß die Gefahr einer Verletztung vermindert wurde. An den Har-
nischachseln wurden oft - zum Schutz der Achselhöhlen - sog. »Schwebe-
scheiben« angehängt.
Ein anschauliches Exemplar eines solchen Harnisches (mit Stechhelm) findet
sich in Kat. Nürnberg / New York (1986) auf S.463 (Kat.-Nr.273) abgebil-
det: "Composite Armor for the German Joust", 1480-1540 / Worcester / Massa-
chusetts, The Higgins Armory Museum (Inv.-Nr.2580); man siehe diesbezüg-
lich auch Kat. Nürnberg / New York (1986), S.456 f. (Kat.-Nr.266).
Bei dem Rennen war der Spieß des Reiters hingegen mit einem scharfen (!)
Renneisen versehen. Die Hand deckte ein halbkreisförmiger »Brechschild«;
man trug einen »Rennhut« (mit längerem Nackenschirm) in Form der soge-
nannten »Schaller« [Anschauliche Beispiele liefern Kat.-Nr.62/63 mit Kata-
log-Nr.64 in Kat. Nürnberg / New York (1986), S.204 f.] und - anstelle
von »Armzeugen« - verfügten die Reiter beim Rennen über eine sehr ausla-
dende »Renntartsche«. Die Ausrüstung bestand aus »schwerer Brust« mit
»Rüst- und Rasthaken« (s.o.) und angehängten Schößen, tief ausgeschnittenem
Rücken mit trapezförmigem »Schwänze!« als Stützplatte für den Sitz im
pritschenartigen »Rennsattel«. Ferner gehörte zur Ausrüstung ein steifer
»Rennbart« (stählerner Schutz der unteren Gesichtshälfte und des Halses), der
an der Brust festgesteckt war; sein Gesichtsteil konnte gewöhnlich nach unten
geklappt werden. Am Sattel des Rennzeugs hingen zudem eiserne »Dilgen« als
Schenkelschutz. Das Pferd trug eine Roßstirn und - beim Gestech - einen
strohgedeckten Brustsack als Schutz.
Weiterführend kann in diesem Zusammenhang nur auf die Arbeiten Ortwin
Gambers verwiesen werden.
- Vergleiche v.a. Lexikon des Mittelalters, Bd.VII (1995) und Bd.VIII (1997),
aber auch Kat. Wien (1996), S.11-24.
2225. Diese Angabe Müllners widerspricht der üblichen Ausrüstung beim »Stechen«
(Siehe dazu Anmerkung 2224).
2226. Diese Angabe Müllners widerspricht der üblichen Ausrüstung beim »Rennen«
(Siehe dazu Anmerkung 2224); sie mag (?) als Ausdruck mutiger Überlegen-
heit von Steffan Paumgartner über seinen Gegner gedeutet werden.
2227. Zum Wohnsitz Steffan Paumgartners siehe Anmerkung 2007 dieser Arbeit.
2228. Siehe Anmerkung 2177 dieser Arbeit.
2229. Derartige griffartig am Bruststück des Harnisch (rechte Seite) verschraubte
»Rüsthaken« (Siehe dazu Anmerkung 2224 dieser Arbeit), die beim Reiten als
Auflager des Spießes dienten, finden sich allerdings im Werk des Künstlers
sehr häufig wieder.
 
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