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Gemeinsame Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz [Editor]
Stenographischer Bericht — 2.1913

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Zweite Sitzung
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Der Wasserbau in seinen Beziehungen zur Denkmalpflege und zum Heimatschutz
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https://doi.org/10.11588/diglit.29651#0147
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Wasserbau uncl Denkmalpflege.

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Die wichtigste Frage für den Walchensee bildete vom Standpunkte
des Heimatschutzes aus das zulässige Maß der Seeabsenkung. Mit Eecht
hätte eine Seeabsenkung bis zu 13 m als ein grausamer Eingriff in ein herr-
liches Naturgebilde verurteilt werden müssen. Schon kurze Erwägungen
fiihrten aus anderen Gründen zum Aufgeben dieses Planes. Heute steht
fest, daß nach den gründlichen wasserwirtschaftlichen Untersuchungen
im äußersten Falle der Seespiegel bis zu 3 m unter seinem normalen Stande
gesenkt werden darf, daß ferner dieses tiefste Maß der Absenkung in die
Wintermonate fällt, wo die Ufer gewöhnlich mit Schnee bedeckt sind und
außer den Ortsansässigen nur wenige den See besuchen, und daß spätestens
Anfang Juli bis zum Beginn des Fremdenverkehrs der See bis zu seinem
normalen Stande wieder aufgefüllt ist. Zur Beruhigung der Seeanwohner,
die befürchteten, es würde der Staat später doch einmal im Bedarfsfalle
den Seespiegel unter das zugesicherte Maß von 3 m absenken, wird der
S.tollen, der das Wasser aus dem Walchensee entnimmt und durch den
Kesselberg hindurchleitet so hoch gelegt, daß im äußersten Falle bei einer
Seeabsenkung von 4,6 m unter dem normalen Stande gerade noch Wasser
in diesen Stollen hineinläuft, ein weiteres Absenken über dieses Maß hinaus
nicht mehr möglich ist.

Für die Anpassung der sämtlichen beim Walchenseewerk in Betracht
kommenden Hochbauten an das Landschaftsbild bieten die beim Projekte
mitwirkenden Künstler sichere Gewähr.

Die Forderungen des Heimatschutzes gingen über den Schutz der
Natur noch hinaus und besorgten sich auch um das Wohl und Wehe der
von dem Projekte berührten Bevölkerung; es sind dies die Flößer des Isar-
tales. Männer wie der leider so früh verstorbene Gabriel von Seidl traten
aufs lebhafteste für die Erha-ltung eines so kerngesunden urwüchsigen
Menschenschlages ein, wie es die Flößer des Isartales sind, die wettergebräunt
mit stählerner Kraft seit Jahrhunderten im Kampfe mit der wilden Isar
das Handwerk des Flößens ausüben. Die Berücksichtigung dieses sozialen
Gesichtspunktes kommt in dem zur Ausführung gelangenden staatlichen
Walchenseentwurf dadurch zum Ausdruck, daß auch nach der Ausführung
des Walchenseeprojektes die Möglichkeit der Flößerei und Trift auf der
Isar und ihren Seitengewässern gegeben ist, selbstverständlich unter ge-
wissen Einschränkungen, die im Interesse der Allgemeinheit als Opfer ge-
bracht werden müssen. Der Floßfahrt soll künftig für einen durch eine eigene
Floßfahrtsordnung zu regelnden Floßverkehr an vier Tagen in der Woche
je zwölf Stunden lang vom April bis Oktober das erforderliche Wasser in
der Isar und deren Seitenfluß, der Jachen, belassen werden.

So dürfte nun in wenigen Jahren ein Projekt zur Verwirklichung ge-
langt sein, das nahezu ein Jahrzehnt im Mittelpunkte des allgemeinen
Interesses stand und schließlich von allen Beteiligten, auch wenn von ihnen
zugunsten der Allgemeinheit gewisse Opfer zu bringen waren, als ein wahres
volkswirtschaftliches Werk anerkannt werden muß.

Durch meine Darlegungen dürfte erwiesen sein, daß sowohl auf dem
Gebiete der Flußkorrektionen als auch der Wasserkraftausnutzung viel-
fach Fragen des Heimatschutzes hereinspielen und, daß es möglich ist, ohne
die Wirtschaftlichkeit dieser Unternehmungen zu gefährden, den berechtigten
Forderungen des Heimatschutzes Rechnung zu tragen. Freilich hängt.
 
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