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Kunsthandlung Anton Stöckl [Hrsg.]
Gemälde-Sammlung: Werke alter Meister des 15. bis 18. Jahrhunderts aus dem Besitze des Herrn Dr. M. P.; Kunstauktion in Wien durch den Kunsthändler Anton Stöckl; Versteigerung: 5. April, 6. April 1910 — Wien, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.35001#0008
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in öffentlichen Wiener Oaierien gut vertretenen »Meister der weibiichen Halbfiguren«
(Nr. 81) und dem im 16. Jahrhundert tätigen »Meister mit dem Papageie (Magdalena,
Nr. 94) zugeschrieben wurden, sowie von deutschen Werken eine Dornenkrönung (Nr. 46),
die mit der kraftvollen Eigenart Matthias Grünewalds viel Verwandtschaft zeigt, ein
charakteristisches Diptychon des Meisters von Meßkirch (Nr. 79) mit den Heiligen
Hieronymus und Augustin, sowie eine Salome in der Art des Lukas Kranach. An
italienischen Erühwerken finden wir in der Sammlung eine dem Piero della
Francesca und eine dem Perugino zugeschriebene Madonna mit Kind und zwei
Werke im Stile der Paduaner Schule, von denen eines sogar traditionell den großen
Namen Mantegnas trägt. Aus späterer Zeit sind dann einige sakrale Werke hervor-
zuheben, die von Andrea de! Sarto oder seinen Schülern stammen, und einige
spanische Arbeiten, deren eine (Magdalena, Nr. 130) von Beruete wegen der kräf-
tigen Behandlung, der effektvollen dunklen Koloristik dem Zurburan zugeteilt wird,
eine andere (Johannes, Nr. 84) das Vorbild Murillos verrät.
Nun aber will ich mich einer Gruppe von Gemälden zuwenden, für die unsere
Sammler während der letzten Jahre besonderes Interesse bekundet haben, nämlich zu
den vielen erstklassigen Porträts. Von dem schon oben erwähnten frühitalienischen
Opus, einem machtvollen Imperatorenkopf, der entschieden mit den wohlbekannten
Zügen des Reiterführers Gattamelata (besonders wie er auf Donatellos herrlichem
Standbild in Padua aufgefaßt ist) große Ähnlichkeit zeigt, bis zu den jetzt so gesuchten
französischen Rokokobildern und den englischen Porträts ist fast jede Phase in der
Entwicklung hier vertreten. Italiens Kunst ist nur durch wenige Arbeiten repräsentiert,
diese aber sind gut: drei Porträts von Bronzino, ein männliches und zwei weib-
liche, das erstere bezeichnet »Eques Joannes Empoli 1512«, das zweite, signiert,
stellt in feiner, an Clouet erinnernder Manier die Gabrielle d'Estrees dar; dann ein
kräftiges, in der leuchtenden Tonskala von Braun zu Rot und Weiß gehaltenes Bildnis
des Kardinals Bardi, wohl von Sebastiano del Piombo etc.
Aus Frankreich finden wir zunächst Bildnisse aus der Zeit und Richtung
Clouets, dann einige brillante Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Besonders
das im Katalog abgebildete, nobel repräsentative Bildnis eines Staatsmannes mit Allonge-
perücke und in reicher Tracht vonTournieres (Nr. 120) sowie ein kraftvolles, schön
durchgeführtes Feldherrn-Porträt von Ch. A. van Loo (Nr. 76) seien wegen ihrer
malerischen Qualitäten hervorgehoben. Auch das hübsche Bild von J. Fr. de
Troy (Nr. 122), das aus der reifsten Zeit des Künstlers stammt, als er am französi-
schen Hofe überaus beliebt war, eine Dame in blauem Rokoko-Kostüm, eine Maske
in der Hand, sowie ein männliches Bildnis von Jean Baptiste Pater, mehrere Arbeiten
in der Art des Nattier und spätere, die schon unter dem Einflüsse der großen eng-
lischen Porträtisten entstanden sind, werden dem Publikum sehr Zusagen, um so
mehr, als sie größtenteils in schönen alten Rahmen sich präsentieren. Auf diese
Spezialität der Gemäldesammlung M. P. sei überhaupt hingewiesen: auch ein großer

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