Einleitung
Die vorliegende Arbeit behandelt den bis 1952
bekannt gewordenen Fundstoff aus den nach-
merowingischen Reihengräberfriedhöfen der
Oberpfalz. Die Funde sind vorwiegend im
Museum Regensburg und nur in kleinen
Gruppen in der Vor- und frühgeschichtlichen
Staatssammlung in München und in den
Sammlungen in Amberg, Forchheim, Bay-
reuth, Wunsiedel, Neunburg vorra Wald und
in Privatbesitz aufbewahrt. Sie werden hier
vollständig veröffentlicht. Seit der grundle-
genden Zusammenstellung von P. Reinecke
im Bayerischen Vorgeschichtsfreund 7, 1927/
28, 17—37 sind außer dem umfangreicheren
Komplex des Gräberfeldes von Matzhausen
nur die kleineren F undgruppen von Unter-
ammerthal, Theuern rechts der Vils und Nab-
burg hinzugekommen.
Die Veranlassung zu dieser Arbeit gaben denk-
malpflegerische Überlegungen. Viele Fundge-
genstände sind trotz der Konservierungsmaß-
nahmen von fortschreitendem Verfall bedroht.
Kriegsbedingte Schäden förderten die Zerstö-
rung. Sicherste Maßnahme gegen völligen Ver-
lust für die spätere Forschung ist daher rest-
lose Vorlage der Funde in guten Zeichnungen.
Den Leitern der obengenannten Museen habe
ich für Unterstützung und Entgegenkommen
bei der Aufnahme des Fundgutes zu danken.
Besonderer Dank gilt der Regierung der Ober-
pfalz (Verwaltung des Bezirksverbandes), de-
ren Druckkostenzuschuß die Veröffentlichung
der Arbeit ermöglichte. Die Wiedergabe der
verkleinerten Flurkartenausschnitte auf den
Tafeln 20—22 erfolgt mit Genehmigung des
Bayer. Landesvermessungsamtes. Isa Müller
(Erlangen) fertigte die Zeichnungen *, vor al-
lem auch die Vorlage für die Farbtafel. Die
Unterlagen für die Karten zeichnete G.
Baumgart (Regensburg).
J. Ranke sprach 1899 auf der Tagung der
deutschen Anthropologischen Gesellschaft
„Zur jüngsten Heidenzeit in Bayern“1 2. Er
unterschied aufgrund seiner Grabungen im
Reihengräberfeld Burglengenfeld diesen Fried-
hof als den einer „heidnisch slawischen Be-
völkerung“ von den merowingischen Reihen-
gräbern einer „christlich germanischen Be-
völkerung“. Die ethnische Zuweisung nahm
Ranke aufgrund der Schläfenringe als „be-
währten Leitfossilien für slawische Gräber“
vor. Zur Zeitbestimmung zog er eine unter
den Waffenbeigaben gefundene geflügelte
Lanzenspitze heran und setzte den Beginn
der „slawischen Gräber“ demnach in die ka-
rolingische Periode. Aufgrund historischer
Erwägungen rechnete er noch mit einer jüng-
sten slawischen Heidenzeit in Bayern bis in
das 11. und 12. Jahrhundert.
Einen ersten Überblick über den hier be-
handelten Fundstoff gab dann P. Reinecke
1901 in seiner „Statistik der slawischen Funde
aus Süd- und Mitteldeutschland“3. Er be-
stimmte zunächst das östlichste Vorkommen
von Gräbern der merowingischen Stufe und
die Ausbreitung slawischen Fundgutes des
ausgehenden 8. und der folgenden beiden Jahr-
hunderte. Dabei folgte er der damals üb-
lichen Deutung, die den Unterschied der
beiden Fundgruppen chronologisch und eth-
nisch auf faßte, und glaubte, den jüngeren
Funden läge eine slawische Volksausbreitung
zugrunde. In einem späteren Aufsatz4 „Unsere
Reihengräber der Merowingerzeit nach ihrer
geschichtlichen Bedeutung“ legte Reinecke
stärkeres Gewicht auf die kulturhistorische
Stellung unserer Gräbergruppe, die, innerhalb
der Grenzen des christlich-fränkischen Rei-
ches gelegen, nicht an „rein heidnische Slawen“
zu denken erlaube5. 1927 besprach Reinecke
in einem Beitrag über „Die Slawen in Nord-
ostbayern“6 eine siedlungsgeographische Ar-
beit von M. Bachmann7 und untersuchte daran
anschließend unsere Fundgruppe bezüglich
ihrer ethnischen Aussagemöglichkeiten. Er kam
1) Ausnahmen Taf. 4, 20. 23,- 5, 57,. 11 A 48,. 120 10. 12,- 15C. D. E 1. F, 16,. 17E 2,. 19.
2) Korresp. Bl. Anthr. Ethn. Urgesch. 30, 1899, 151 ff. Zitate aus der Literatur und aus den Fundberichten
sind in Anführungszeichen („ ") wiedergegeben.
3) Korresp. BL Anthr. Ethn. Urgesch. 32, 1901, 17—20.
4) Bayer. Vorgeschichtsfr. 5, 1925, 54—64.
5) Vergl. auch P. Reinecke, Reihengräber und Friedhöfe der Kirchen. Germania 9, 1925, 103—107.
6) Bayer. Vorgesdiichtsfr. 7, 1927/28, 17—37.
7) M. Bachmann, Die Verbreitung der slawischen Siedlungen in Nordbayern. Sitzungsberichte der Physikalisch«
medizinischen Sozietät zu Erlangen 56/57, 1924/25.
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Die vorliegende Arbeit behandelt den bis 1952
bekannt gewordenen Fundstoff aus den nach-
merowingischen Reihengräberfriedhöfen der
Oberpfalz. Die Funde sind vorwiegend im
Museum Regensburg und nur in kleinen
Gruppen in der Vor- und frühgeschichtlichen
Staatssammlung in München und in den
Sammlungen in Amberg, Forchheim, Bay-
reuth, Wunsiedel, Neunburg vorra Wald und
in Privatbesitz aufbewahrt. Sie werden hier
vollständig veröffentlicht. Seit der grundle-
genden Zusammenstellung von P. Reinecke
im Bayerischen Vorgeschichtsfreund 7, 1927/
28, 17—37 sind außer dem umfangreicheren
Komplex des Gräberfeldes von Matzhausen
nur die kleineren F undgruppen von Unter-
ammerthal, Theuern rechts der Vils und Nab-
burg hinzugekommen.
Die Veranlassung zu dieser Arbeit gaben denk-
malpflegerische Überlegungen. Viele Fundge-
genstände sind trotz der Konservierungsmaß-
nahmen von fortschreitendem Verfall bedroht.
Kriegsbedingte Schäden förderten die Zerstö-
rung. Sicherste Maßnahme gegen völligen Ver-
lust für die spätere Forschung ist daher rest-
lose Vorlage der Funde in guten Zeichnungen.
Den Leitern der obengenannten Museen habe
ich für Unterstützung und Entgegenkommen
bei der Aufnahme des Fundgutes zu danken.
Besonderer Dank gilt der Regierung der Ober-
pfalz (Verwaltung des Bezirksverbandes), de-
ren Druckkostenzuschuß die Veröffentlichung
der Arbeit ermöglichte. Die Wiedergabe der
verkleinerten Flurkartenausschnitte auf den
Tafeln 20—22 erfolgt mit Genehmigung des
Bayer. Landesvermessungsamtes. Isa Müller
(Erlangen) fertigte die Zeichnungen *, vor al-
lem auch die Vorlage für die Farbtafel. Die
Unterlagen für die Karten zeichnete G.
Baumgart (Regensburg).
J. Ranke sprach 1899 auf der Tagung der
deutschen Anthropologischen Gesellschaft
„Zur jüngsten Heidenzeit in Bayern“1 2. Er
unterschied aufgrund seiner Grabungen im
Reihengräberfeld Burglengenfeld diesen Fried-
hof als den einer „heidnisch slawischen Be-
völkerung“ von den merowingischen Reihen-
gräbern einer „christlich germanischen Be-
völkerung“. Die ethnische Zuweisung nahm
Ranke aufgrund der Schläfenringe als „be-
währten Leitfossilien für slawische Gräber“
vor. Zur Zeitbestimmung zog er eine unter
den Waffenbeigaben gefundene geflügelte
Lanzenspitze heran und setzte den Beginn
der „slawischen Gräber“ demnach in die ka-
rolingische Periode. Aufgrund historischer
Erwägungen rechnete er noch mit einer jüng-
sten slawischen Heidenzeit in Bayern bis in
das 11. und 12. Jahrhundert.
Einen ersten Überblick über den hier be-
handelten Fundstoff gab dann P. Reinecke
1901 in seiner „Statistik der slawischen Funde
aus Süd- und Mitteldeutschland“3. Er be-
stimmte zunächst das östlichste Vorkommen
von Gräbern der merowingischen Stufe und
die Ausbreitung slawischen Fundgutes des
ausgehenden 8. und der folgenden beiden Jahr-
hunderte. Dabei folgte er der damals üb-
lichen Deutung, die den Unterschied der
beiden Fundgruppen chronologisch und eth-
nisch auf faßte, und glaubte, den jüngeren
Funden läge eine slawische Volksausbreitung
zugrunde. In einem späteren Aufsatz4 „Unsere
Reihengräber der Merowingerzeit nach ihrer
geschichtlichen Bedeutung“ legte Reinecke
stärkeres Gewicht auf die kulturhistorische
Stellung unserer Gräbergruppe, die, innerhalb
der Grenzen des christlich-fränkischen Rei-
ches gelegen, nicht an „rein heidnische Slawen“
zu denken erlaube5. 1927 besprach Reinecke
in einem Beitrag über „Die Slawen in Nord-
ostbayern“6 eine siedlungsgeographische Ar-
beit von M. Bachmann7 und untersuchte daran
anschließend unsere Fundgruppe bezüglich
ihrer ethnischen Aussagemöglichkeiten. Er kam
1) Ausnahmen Taf. 4, 20. 23,- 5, 57,. 11 A 48,. 120 10. 12,- 15C. D. E 1. F, 16,. 17E 2,. 19.
2) Korresp. Bl. Anthr. Ethn. Urgesch. 30, 1899, 151 ff. Zitate aus der Literatur und aus den Fundberichten
sind in Anführungszeichen („ ") wiedergegeben.
3) Korresp. BL Anthr. Ethn. Urgesch. 32, 1901, 17—20.
4) Bayer. Vorgeschichtsfr. 5, 1925, 54—64.
5) Vergl. auch P. Reinecke, Reihengräber und Friedhöfe der Kirchen. Germania 9, 1925, 103—107.
6) Bayer. Vorgesdiichtsfr. 7, 1927/28, 17—37.
7) M. Bachmann, Die Verbreitung der slawischen Siedlungen in Nordbayern. Sitzungsberichte der Physikalisch«
medizinischen Sozietät zu Erlangen 56/57, 1924/25.
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