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Strzygowski, Josef
Das Werden des Barock bei Raphael und Correggio: nebst einm Anhang über Rembrandt — Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.71578#0041
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II. Raphael und Bramante.

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naquinci und zwar ähnlich in schrägen Reihen aufgestellt wie die
lauschenden Zuhörer neben Plato und Aristoteles in der Schule
von Athen, dazu rechts und links ganz vorn in das Bild hinein-
ragend Gruppen, so links Christophoro Landini, Angelo Poliziano,
Marsilio Ficino und Gentile de' Vecchi, 1 also eigentlich die
florentiner Akademie. Wenn wir nicht von diesem Gemälde aus-
gehen, um Raphaels Grösse anschaulich zu machen, so geschieht
das, weil von anderer Seite schon eine andere, für unsere Zwecke
nicht minder entsprechende Analogie herangezogen wurde. Wick-
hoff hat auf die Verwandtschaft hingewiesen, die im Aufbau
der Schule von Athen, und Lor. Ghibertis Relief des Empfanges
der Königin von Saba an der Ostthür des Florentiner Baptisteriums
vorliegt.2 Wir knüpfen zur Veranschaulichung von Raphaels Vor-
gehen gut an dieses Relief an. Dort sind die Hauptgruppen in
der That ähnlich aufmarschirt. Salomon und die Königin in der
Mitte der oberen Terrasse, unten seitlich das sabäische Gefolge.
Wie bei Ghiberti ergab sich nun für Raphael als natürliche
Folge die Forderung einer Füllung der Seitenteile der Terrasse.
Raphael mochte ursprünglich geglaubt haben, die mächtigen Archi-
tekturpfeiler mit ihren Statuen und Reliefs würden dafür hin-
reichen. Wenigstens zeigt sich in diesen Teilen ein auffallend ver-
legenes Suchen. In die Ecken setzt er Lösungen, die wie Vöge
nachgewiesen hat, auf Donatellos Erzrelief aus dem Leben des
hl. Antonius im Santo zu Padua zurückgehen.3 Raphael bewährt
dadurch wieder den feinen Blick für das Lebenskräftige in den
Werken seiner Vorgänger und Zeitgenossen. Erst Leonardo hat
das Problem solcher Ecklösungen, wo sich das Aussen und Innen,
Mitte und Seite in lebendiger Bewegung begegnen, in Fluss ge-
bracht; aber schon Donatello stellte und löste dieselben Probleme;
doch kamen sie bei ihm hart und ungeklärt heraus, wie denn
überhaupt sein ganzes Schaffen unter dem tragischen Conflict eines
in der Energie der Gothik begründeten und direct zum Barock

1 Vgl. E. Steinmann, Ghirlandajo S. 72 ff.

2 Jahrbuch d. preuss. Kunstsamml. XIV (1893) S. 52, Alinari 1871.

3 Raffael und Donatello S. 11 u. 19.
 
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