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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Fünftes Heft
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Striepe, Kurt: Maya
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Knoblauch, Adolf: Ramas Klagen: nachgedichtet aus dem Ramayana
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0078
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sehr müde geworden. Und doch bin ich noch nicht müde genug.
Um meine Stirne ist manchmal noch ein Glühen. Glühen von
einem leichten Schein. Um meinen Mund ist manchmal noch ein
sehr bewußtes Zucken.
Ein sehr bewußtes Zucken nach Ihrem Namen — Maya.
Dies aber war:
Ich lag eine Nacht vor Ihrer Tür.
Ich küßte den Teppich, den Ihre Füße liebten.
In dem Leinen, daß Sie segneten, erstickte ich einen wirren
Rausch.
Als am Morgen Ihre Hände kamen — starb I c h in mir.
Fiebernde Lippen beben: Verzeihung.
Maya!
* * *
Maya!
Die Erkenntnis ist über mich gekommen. Ich stehe so da.
Nehme mich bei der Hand und gehe mit mir — weit — weit —
Läuten Glocken. Glocken von Kirchen. Mein Blut rauscht
und sickert leise durch.
Ich habe mich wiedergefunden, wie ich vor Jahren war.
Die Luft nur ist mir so unklar geworden. Die Lust ist kalt.
Sicher sehr tot.
Alles drängt zur Erkenntnis der Erkenntnis.
Das ist so, daß keiner das Sterben weiß.
Alle aber kennen das Leben.
Wenn wir das Sterben wüßten, — wir hätten wieder Lust,
Lust dazu —
Und ich habe die Erkenntnis.
0 — Maya, ich lüge. Ich ertappe mich jetzt oft beim Lügen.
Ich will mich täuschen. Ich will mich hinwegtäuschen. Die
Wirklichkeit ist eine Rohheit — und doch.
Ich liebe. Jemanden. Ich liebe ihn rasend. Den Namen
darf ich nicht sagen. Vielleicht kenne ich ihn garnicht. Ich er-
staune und schreibe diese Verse.
Von Deinem Munde küsse ich rote Rosen.
Im Beben Deiner Lippen zittert meine Hand.
Ich bin Hinwelken zwischen den Geschehen,
die Abend sind, der Tod und Deine Liebe.
Und bin ganz tiefe Nacht.
Deine Sonne strahlt meine wehen Augen.
0 Du!
Meine Wunder sind müde —
Ganz weiß kniest Du in mich.
Meine Verzückung lebt weiter. Ob ich mich würge? Ob
ich sterbe über diese Liebe? Die Sehnsucht ist ein sehr großer
Engel, der schwarze Flügel über mich schattet.
Wenn ich nur die Gewißheit hätte — dann könnte ich ent-
sagen. Ich bin noch nicht reif zu meiner Qual. Qual bringt
Ruhe. Ich sehne mich nach meiner Endesruhe.
0 Maya — fühlen Sie das Schluchzen meiner Hand —?

Ramas Klagen
Nachgedichtet aus dem Ramayana
AdoH Knob!anch
Rama beschreibt den Frühling und die Liebe
Sie wandten sich zur lotosbedeckten Pampa, überreich 'an
Padmas, Utpalas und Ihashas.
Rama, den Sakshmana geleitete, wehklagte, verdunkelter Sinne.
Als er den Strom erblickte, schlug sein Herz vor Freude.
Gefangen von Liebe sprach er zu Sumitrens Sohn:
Schön ist die Pampa mit ihren kristallenen reinen Wellen,
schön erblühten Padmas .Utpalas, den mannigfaltigen Bäumen.
Betrachte das Gehölz der Pampa, das schön ist anzusehen.
Seine herrlichen Bäume sind Berge mit ihren Gipfeln.
Ich bin von Gram bewältigt, Pein zernagt mich

im Gedenken des Schmerzes von Bharata und Vaidehis Ent-
führung.
Niedergebeugt von Trauer entzückt mich die Pampa, ihr be-
zaubernder Hain
ihre Blumen jeder Art, mit denen ihre frischen köstlichen
Wasser bedeckt sind.
Ihr Mantel von Lotos macht sie außerordentlich schön.
Schlangen und wilde Tiere besuchen sie, sie ist überreich an
Gazellen und Vögeln.
Den dichten gelbdunklen Rasen decken viele Blumen. Bäume
stehen auf ihren schimmernden Teppichen,
Allseits biegen sich Wipfel unter der Blütenlast
und sind gänzlich versteckt durch Lianen, die an den Spitzen
blühen.
Es ist der duftende Frühlingsmond, wo auf Bäumen Blumen und
Früchte entstehen.
Schau, sie sind schön: erblühte Haine, welche vor Blumen
regnen, wie Wolken ihre Güsse.
In zauberischen Tälern bestreuen die unzählbaren Bäume des
Gehölzes
erschüttert vom ungestümen Wind, den Boden mit Blumen.
Mit herabgefallenen Blumen, solchen die fallen oder an den
Zweigen bleiben, spielt der linde Wind allseits.
Der Windgott erregt die vielfältig blumenbedeckten Zweige
und treibt es an den Orten lustig, begleitet von Bienengesumme.
Als wolle er beim Lied der verliebten Kuckucke die Bäume
zum Tanze treten lassen,
geht der Gott aus des Berges Höhlen hervor, voll Wohllaut
jeder Art.
In seinem Wehen, das die Bäume allseits heftig bewegt
Vereinigen sich die Bäume auf den äußersten Astspitzen, als
seien sie aneinander gebunden.
Der linde Wind im milden und streichelnden Wehen
verbreitet den süßen frischen Sandelduft, der alle Ermüdung
scheucht.
Vom Windgott bewegt, vermählen die Bäume ihre Stimmen
mit dem Bienengesumme im Hain voll süßer Gerüche.
Inmitten entzückender Berghochebenen funkeln die Felsen,
deren Gipfel sich nähern.
Schön von den Zauberblumen ihrer Hochwälder.
Mit blumenbedeckten Wipfeln im Wehen des linden Windes,
der sie bewegt
mit Kronen von Bienen nach Honig, wollen die Bäume sich zu
Liedern bereiten.
Sich allseits der goldenen Kornikoras Blütepracht, dieser in
Seide gekleideten Männer.
Der Frühling, Saumitri, entfacht mit Vögelliedern jeder Art
von frischem das Leid, das mir Sitas Entfernung verursacht.
Im Schmerz, der mich bewältigt, martert auch Liebe.
Das heitere Stammeln des Kuckucks reizt, der fröhliche
Datyuhaka,
der mitten im Wasserfall des Forstes singt, mehrt meinen
Liebesschmerz.
Einst, als sie ihre Stimmen im Busen der Einsiedelei vernahm,
nannte mir die Vielgeliebte, von Glück und Zärtlichkeit be-
rauscht,
die vielfach Gefiederten, die allermannigfaltigste Schreie aus-
stoßen.
Siehe sie von allen Richtungen sich flüchten in Bäume, Büsche,
Lianen!
Die Vögelweibchen mit den Männchen gepaart, versammeln sich
alle zufolge ihrer Art und freuen sich.
Erregt zur Lust vom Bhringaraja, zwitschern alle tönend.
In den Bäumen des Hains sind die Geflügelten versammelt,
freude-erregt von des Datyuhaka Jubelrufen, der den Anrufen
des Kuckuck-Männchens antwortet.
Das Brausen der Bäume zündet Liebe in mir:
Des A$oka Blumenbüschel sind seine Kohlen, das Bienen-
summen ist sein Prasseln,

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