kniet Tau auf dem Fischlein
es schlüpft seine Beinchen
weiße Beinchen hat das Fischlein
weiße Augen hat der Tod
fest peitscht innig Nacht
Ich
zerwoge
bleicht müde
blaut Qual Sonne
Wir
Leben wir
streben wir
sterben wir
Fichtenüberwölbt Welt
sterbestumm leben
glockenumstrahlt streben
sternüberhöht sterben
Glut läutet Welt
Ich werde gegangen
Ich taumeltürme
welkes windes Blatt
Häuser äugen Menschen Klippen
schmiege Taumel Wind
Menschen steinen Häuser Klippen
taumeltürme blutes Blatt
Am Rande meines Welkens bin ich
sanite Nacht
Sägen knien Regen welken Tage
Sanften fromme Tiefe sanfte Hände
Tropfen wunde Nächte nächtelang
Wunden sanfte Riesen wölben Dom
Ich werde erbaut
Kurbel dämmert Kopf Gelächter
Tief zu Innen zages Land
Ferne Hütten welken Tau
Du
Wiesen bluten Weideschnee
Wiesen bluten Blut
Nachrevotutionäre
Herwarth Waiden
Die regen Geister
„Die Kultur der Seele wollen wir pflegen.
Kommt! . . Was ist Kunst? Erweckung eines
beseeligenden Zustandes, Rausch. Nicht na-
turalistische Bilderbögen, seelische und
geistige Analysen . . . Selig werden wir in
der Kunst. Sie sei unsere Kirche, in die
nicht Händler und Wechsler und Falsch-
münzer mit ihren fettigen Händen sollen,
in die wir keine Stümper und goldig schim-
mernde Talmileute hineinlassen wollen."
Diese Kunstkirche wird in Ostpreußen ge-
baut. „In ganz Deutschland regen sich die
Geister. Jetzt auch in der Stadt Kants, Kö-
nigsberg, eine Hochstätte deutschen Kunst-
und Geisteslebens, will sich einen neuen Ruf
als Kunststadt schaffen," Zu diesem Zweck
ist dort eine neue Zeitschrift und eine litera-
rische Gesellschaft gegründet worden. Beide
„bezwecken die Förderung aufstrebenden
Dichtertums" Die Zeitschrift heißt selbstver-
ständlich Kothurn, um auf ostpreußisch grie-
chisch zu sein. Und da der Herausgeber in
seine Kunstkirche keine Stümper und goldig
schimmernde Talmileute hineinlassen will,
hat er die Herren Max Dessoir, Alfred Biese,
Hugo Salus, Walter Harlan, Ludwig Fulda,
Max Grube, Kurt Wolff-Verlag und andere
hervorragende Persönlichkeiten des deut-
schen Geistes- und Kunstlebens von seinen
künstlerischen Bestrebungen in Kenntnis ge-
setzt. Herr Max Dessoir schreibt ihm:
„Wenn es den beiden Unternehmungen ge-
lingt, das geistige und künstlerische Leben
im Nordosten Deutschlands zu steigern, dann
können sie eine Leistung von höchstem Wert
vollbringen. Was mich betrifft, so will ich
gern einen Beitrag schicken, um zu zeigen,
daß die Berliner den Kulturvorgängen in Kö-
nigsberg mit dem Gefühl gegenüber stehen:
Nostra res agitur." Herr Dessoir ist ein so
wichtiger Kulturvorgang, daß die Berliner am
besten ihn selbst als Beitrag nach Königsberg
schicken, damit er dort seine Sachen verhan-
deln kann. Der Dichter Walter Harlan steigt
vor Freude vom Kothurn herunter: „Gott-
lob, das Leben der deutschen Dichtung, es
geht nicht nur bei Ihnen wieder los, sondern
auch in Leipzig, in Dresden, in Berlin und
allenthalben! Von Herzen! Unsere Mahlzeiten
werden ja in den letzten Zeiten etwas fett-
arm ausfallen, aber kein Engländer kann uns
hindern, an den Tafeln unseres Geistes das
allerweißeste edelste Brot zu speisen und
auch gebratene Fasanen." Nicht einmal der
Deutsche kann es verhindern, daß der Dich-
tey gleich einen gebratenen Fasan seines
allerweißesten Geistes vorlegte:
Schweiften heut ins Waldrevier
Standen auf der Fähre,
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es schlüpft seine Beinchen
weiße Beinchen hat das Fischlein
weiße Augen hat der Tod
fest peitscht innig Nacht
Ich
zerwoge
bleicht müde
blaut Qual Sonne
Wir
Leben wir
streben wir
sterben wir
Fichtenüberwölbt Welt
sterbestumm leben
glockenumstrahlt streben
sternüberhöht sterben
Glut läutet Welt
Ich werde gegangen
Ich taumeltürme
welkes windes Blatt
Häuser äugen Menschen Klippen
schmiege Taumel Wind
Menschen steinen Häuser Klippen
taumeltürme blutes Blatt
Am Rande meines Welkens bin ich
sanite Nacht
Sägen knien Regen welken Tage
Sanften fromme Tiefe sanfte Hände
Tropfen wunde Nächte nächtelang
Wunden sanfte Riesen wölben Dom
Ich werde erbaut
Kurbel dämmert Kopf Gelächter
Tief zu Innen zages Land
Ferne Hütten welken Tau
Du
Wiesen bluten Weideschnee
Wiesen bluten Blut
Nachrevotutionäre
Herwarth Waiden
Die regen Geister
„Die Kultur der Seele wollen wir pflegen.
Kommt! . . Was ist Kunst? Erweckung eines
beseeligenden Zustandes, Rausch. Nicht na-
turalistische Bilderbögen, seelische und
geistige Analysen . . . Selig werden wir in
der Kunst. Sie sei unsere Kirche, in die
nicht Händler und Wechsler und Falsch-
münzer mit ihren fettigen Händen sollen,
in die wir keine Stümper und goldig schim-
mernde Talmileute hineinlassen wollen."
Diese Kunstkirche wird in Ostpreußen ge-
baut. „In ganz Deutschland regen sich die
Geister. Jetzt auch in der Stadt Kants, Kö-
nigsberg, eine Hochstätte deutschen Kunst-
und Geisteslebens, will sich einen neuen Ruf
als Kunststadt schaffen," Zu diesem Zweck
ist dort eine neue Zeitschrift und eine litera-
rische Gesellschaft gegründet worden. Beide
„bezwecken die Förderung aufstrebenden
Dichtertums" Die Zeitschrift heißt selbstver-
ständlich Kothurn, um auf ostpreußisch grie-
chisch zu sein. Und da der Herausgeber in
seine Kunstkirche keine Stümper und goldig
schimmernde Talmileute hineinlassen will,
hat er die Herren Max Dessoir, Alfred Biese,
Hugo Salus, Walter Harlan, Ludwig Fulda,
Max Grube, Kurt Wolff-Verlag und andere
hervorragende Persönlichkeiten des deut-
schen Geistes- und Kunstlebens von seinen
künstlerischen Bestrebungen in Kenntnis ge-
setzt. Herr Max Dessoir schreibt ihm:
„Wenn es den beiden Unternehmungen ge-
lingt, das geistige und künstlerische Leben
im Nordosten Deutschlands zu steigern, dann
können sie eine Leistung von höchstem Wert
vollbringen. Was mich betrifft, so will ich
gern einen Beitrag schicken, um zu zeigen,
daß die Berliner den Kulturvorgängen in Kö-
nigsberg mit dem Gefühl gegenüber stehen:
Nostra res agitur." Herr Dessoir ist ein so
wichtiger Kulturvorgang, daß die Berliner am
besten ihn selbst als Beitrag nach Königsberg
schicken, damit er dort seine Sachen verhan-
deln kann. Der Dichter Walter Harlan steigt
vor Freude vom Kothurn herunter: „Gott-
lob, das Leben der deutschen Dichtung, es
geht nicht nur bei Ihnen wieder los, sondern
auch in Leipzig, in Dresden, in Berlin und
allenthalben! Von Herzen! Unsere Mahlzeiten
werden ja in den letzten Zeiten etwas fett-
arm ausfallen, aber kein Engländer kann uns
hindern, an den Tafeln unseres Geistes das
allerweißeste edelste Brot zu speisen und
auch gebratene Fasanen." Nicht einmal der
Deutsche kann es verhindern, daß der Dich-
tey gleich einen gebratenen Fasan seines
allerweißesten Geistes vorlegte:
Schweiften heut ins Waldrevier
Standen auf der Fähre,
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