maßgebend für die Gestaltung. Es wird nicht
einmal ein Körper gestaltet. Maßgebend für
die Gestaltung ist allein der schöpferische
Zwang des Gesichts. Ein Bildhauerwerk er-
scheint dann, wenn der Künstler gezwungen
ist, mit Linien und Flachen im Raum zu ge-
stalten. Ob diese Linien und Flächen einen
Körper umschließen oder nicht, ist gleich-
gültig, Und aus welchem Material diese Li-
nien und Flächen gebildet sind, ist gleichgül-
tig. Zwangvoll wie Linie und Fläche er-
scheint auch die Farbe des Bildhauerwerkes.
Jedes Bildhauerwerk ist nach seinem eige-
nen Gesetz mit einem Rhythmus gestaltet.
Die rhythmische Linie als wesentlich ist zu-
erst in der Gegenwart in den Bildhauerwer-
ken von Umberto Boccioni gegeben. Die
rhythmische Fläche als wesentlich haben zu-
erst in der Gegenwart die Bildhauerwerke
des Russen Archipenko und des Deutschen
Oswald Herzog. Rhythmische Linie und
rhythmische Fläche als wesentlich vereinen
zuerst in der Gegenwart die Bildhauerwerke
des Deutschen William Wauer,
Wenn es von William Wauer Bildhauer-
werke gibt, die als Porträtbüsten bezeichnet
werden, so darf man hierbei nicht an das
denken, was die unkünstlerische Zeit Por-
trätbüsten nennt. Diese unkünstlerische Zeit
hat Modelle, die sie mehr oder weniger idea-
lisiert nachzubilden sucht. Dieses Nach-
ahmen ist eine Tätigkeit der Handfertigkeit
und des Wissens. Das Studium der Anato-
mie des menschlichen Körpers und die Fer-
tigkeit, das, was man mit den äußeren Augen
sieht, dem Eindruck entsprechend wieder-
zugeben, ist Voraussetzung. Diese Nicht-
kunstwerke sind Erinnerungsobjekte für das
Panoptikum und die gute Stube, Diese Denk-
mäler einer unkünstlerische Zeit sind Be-
weisstücke für die Ueberhebung der Persön-
lichkeit, des eingebildeten Sonderwertes der
Menschen, die diesen Wert nicht opfern, son-
dern erhalten wollen. Wenn einer unserer
Künstler sein Werk Porträtbüste nennt, so
ist sein Werk keine Nachahmung der Kör-
perform von Herwarth Waiden oder Rudolf
Blümner, Entweder ist die Erscheinung des
Menschen der Anlaß für die künstlerische
Ekstase gewesen, oder das Gesicht des
Künstlers zeigt Formvorstellungen, die den
Körperformen des bestimmten Menschen äh-
neln, und die der Bildhauer in seinem Werk
kündet, Ein solches Werk hat dann nicht
den Organismus des menschlichen Kör-
pers, da es nicht vom organischen Ge-
setz des menschlichen Körpers gestaltet
ist. Das Kunstwerk ist ein Organismus
für sich mit dem eigenen organischen Ge-
setz seines Rhythmus. Das Bildhauerwerk
ist also weder ein anatomisches Präparat
noch im natürlichen Sinne einem bestimmten
Menschen oder überhaupt einem Menschen
ähnlich. Dennoch ist ein Gemeinsames zwi-
schen dem Bildhauerwerk ,,Herwarth Wai-
den" und dem Menschen Herwarth Waiden
fühlbar. Dieses Gemeinsame ist aber keine
körperliche Aehnlichkeit, sondern eine
rhythmische Aehnlichkeit. Das Lebendigsein
des Menschen, seine innere Bewegung hat
einen bestimmten Rhythmus, der durch die
Körperform verhüllt wird. Ein diesem Rhyth-
mus des Menschen ähnlicher Rhythmus ist
das werkgestaltende Gesetz des Bildhauer-
werkes. So ist das Verhältnis zwischen dem
Menschen Herwarth Waiden und Wauers
Bildhauerwerk, das den Namen Herwarth
Waiden trägt. Für das Kunstwerk selbst ist
dieser Name belanglos ebenso wie das Ver-
hältnis zwischen Mensch und Kunstwerk,
Baukünstler kennt die Gegenwart noch nicht.
Jeder Bau wird auch heute mit der bewuß-
ten Absicht einer Zweckdienlichkeit geschaf-
fen. Jedes Haus ist eine Bedürfnisanstalt.
Auch die Kirchen sind das geworden. So-
lange Menschen bauen, um ihre menschlichen
Bedürfnisse des Körpers und des Geistes zu
befriedigen und weder etwas von ihren Be-
dürfnissen noch von ihren Befriedigungsmit-
teln opfern können, werden keine Baukunst-
werke gebaut werden. Ich kann daher nur
von Bauwerken sprechen, die Gestaltung
meiner Gesichte sind. Diese Bauwerke sind
noch nicht gebaut. Sie sind in Plänen ge-
staltet.
Jedes Bauwerk hat sein Gesetz, hat seinen
Rhythmus. Träger des Rhythmus sind die
konstruktiven Teile des Baues. Wesentlich
ist nicht der Grundriß oder die Fassade, also
nicht die Zweckdienlichkeit oder Sichtseite
des Baues. Die Konstruktion des Baues ist
nicht verhüllt. Die Konstruktion des Baues
trägt keine Körper,- Die Konstruktion des
Baues trägt Flächen, durch die die Linien der
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einmal ein Körper gestaltet. Maßgebend für
die Gestaltung ist allein der schöpferische
Zwang des Gesichts. Ein Bildhauerwerk er-
scheint dann, wenn der Künstler gezwungen
ist, mit Linien und Flachen im Raum zu ge-
stalten. Ob diese Linien und Flächen einen
Körper umschließen oder nicht, ist gleich-
gültig, Und aus welchem Material diese Li-
nien und Flächen gebildet sind, ist gleichgül-
tig. Zwangvoll wie Linie und Fläche er-
scheint auch die Farbe des Bildhauerwerkes.
Jedes Bildhauerwerk ist nach seinem eige-
nen Gesetz mit einem Rhythmus gestaltet.
Die rhythmische Linie als wesentlich ist zu-
erst in der Gegenwart in den Bildhauerwer-
ken von Umberto Boccioni gegeben. Die
rhythmische Fläche als wesentlich haben zu-
erst in der Gegenwart die Bildhauerwerke
des Russen Archipenko und des Deutschen
Oswald Herzog. Rhythmische Linie und
rhythmische Fläche als wesentlich vereinen
zuerst in der Gegenwart die Bildhauerwerke
des Deutschen William Wauer,
Wenn es von William Wauer Bildhauer-
werke gibt, die als Porträtbüsten bezeichnet
werden, so darf man hierbei nicht an das
denken, was die unkünstlerische Zeit Por-
trätbüsten nennt. Diese unkünstlerische Zeit
hat Modelle, die sie mehr oder weniger idea-
lisiert nachzubilden sucht. Dieses Nach-
ahmen ist eine Tätigkeit der Handfertigkeit
und des Wissens. Das Studium der Anato-
mie des menschlichen Körpers und die Fer-
tigkeit, das, was man mit den äußeren Augen
sieht, dem Eindruck entsprechend wieder-
zugeben, ist Voraussetzung. Diese Nicht-
kunstwerke sind Erinnerungsobjekte für das
Panoptikum und die gute Stube, Diese Denk-
mäler einer unkünstlerische Zeit sind Be-
weisstücke für die Ueberhebung der Persön-
lichkeit, des eingebildeten Sonderwertes der
Menschen, die diesen Wert nicht opfern, son-
dern erhalten wollen. Wenn einer unserer
Künstler sein Werk Porträtbüste nennt, so
ist sein Werk keine Nachahmung der Kör-
perform von Herwarth Waiden oder Rudolf
Blümner, Entweder ist die Erscheinung des
Menschen der Anlaß für die künstlerische
Ekstase gewesen, oder das Gesicht des
Künstlers zeigt Formvorstellungen, die den
Körperformen des bestimmten Menschen äh-
neln, und die der Bildhauer in seinem Werk
kündet, Ein solches Werk hat dann nicht
den Organismus des menschlichen Kör-
pers, da es nicht vom organischen Ge-
setz des menschlichen Körpers gestaltet
ist. Das Kunstwerk ist ein Organismus
für sich mit dem eigenen organischen Ge-
setz seines Rhythmus. Das Bildhauerwerk
ist also weder ein anatomisches Präparat
noch im natürlichen Sinne einem bestimmten
Menschen oder überhaupt einem Menschen
ähnlich. Dennoch ist ein Gemeinsames zwi-
schen dem Bildhauerwerk ,,Herwarth Wai-
den" und dem Menschen Herwarth Waiden
fühlbar. Dieses Gemeinsame ist aber keine
körperliche Aehnlichkeit, sondern eine
rhythmische Aehnlichkeit. Das Lebendigsein
des Menschen, seine innere Bewegung hat
einen bestimmten Rhythmus, der durch die
Körperform verhüllt wird. Ein diesem Rhyth-
mus des Menschen ähnlicher Rhythmus ist
das werkgestaltende Gesetz des Bildhauer-
werkes. So ist das Verhältnis zwischen dem
Menschen Herwarth Waiden und Wauers
Bildhauerwerk, das den Namen Herwarth
Waiden trägt. Für das Kunstwerk selbst ist
dieser Name belanglos ebenso wie das Ver-
hältnis zwischen Mensch und Kunstwerk,
Baukünstler kennt die Gegenwart noch nicht.
Jeder Bau wird auch heute mit der bewuß-
ten Absicht einer Zweckdienlichkeit geschaf-
fen. Jedes Haus ist eine Bedürfnisanstalt.
Auch die Kirchen sind das geworden. So-
lange Menschen bauen, um ihre menschlichen
Bedürfnisse des Körpers und des Geistes zu
befriedigen und weder etwas von ihren Be-
dürfnissen noch von ihren Befriedigungsmit-
teln opfern können, werden keine Baukunst-
werke gebaut werden. Ich kann daher nur
von Bauwerken sprechen, die Gestaltung
meiner Gesichte sind. Diese Bauwerke sind
noch nicht gebaut. Sie sind in Plänen ge-
staltet.
Jedes Bauwerk hat sein Gesetz, hat seinen
Rhythmus. Träger des Rhythmus sind die
konstruktiven Teile des Baues. Wesentlich
ist nicht der Grundriß oder die Fassade, also
nicht die Zweckdienlichkeit oder Sichtseite
des Baues. Die Konstruktion des Baues ist
nicht verhüllt. Die Konstruktion des Baues
trägt keine Körper,- Die Konstruktion des
Baues trägt Flächen, durch die die Linien der
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