DOI Heft:
Fünftes Heft
DOI Artikel:Nebel, Otto: Zuginsfeld, [8]
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.37133#0076
ihnen glaubte. Er befahl ihnen, ihre köst-
lichen Früchte in ein grosses Glashaus zu
tragen, sodass alles Volk sie sehen und
alsbald verzehren könne. Und so geschah
es. Ein Fest wurde gerichtet und alles
Volk geladen. Der Hüter des Cultus selbst
erschien mit allen Unterhütern, die er aus
dem Schlafe geweckt hatte. Das Volk
drängte sich in die Halle. Aber alsbald
entstand Lärm und Verwirrung. Üble
Dünste erfültten den Raum. Grauen und
Zittern überfiel alle Menschen, weil gräss-
licher Gestank die Luft verdarb und gifti-
ger Hauch in Schwaden hin und her trieb.
„Wo sind die Früchte?" schrie das Volk
und Entsetzen ergriff alle. „Esset", riefen
die Sektierer. „Esset", schrie der Hüter
des Cultus und alle Unterhüter. Und das
gierige Volk, das soviel von den wohl-
schmeckenden und nahrhaften Früchten
gehört hatte, frass verzweifelt von der ekel-
haften Speise. Es war der Kot der ver-
zehrten Früchte, den die Sektierer vom
elften Monde dem verblendetes! Volke
reichten.
Dem Hüter und den Unterhütern des
Kultus gewidmet
Rudolf Biümner
Zuginsfeld
Otto Nebel
Fortsetzung
Ach was
Adjutanten schreien immer
Schneidige Stimme
Sie haben zu bestimmen
An Hand des Schafskopfs
Das Bein ist rechte Hand
Steht auf dem Kopf
Läuft auf den Händen
Man muss ihn auf Händen tragen
Den Schafskopf
Haupt auf einer Schüssel
Gedämpfte Bregen
Pfui Teufel
Mahlzeit, die Herrn, habe zu tun
Wer noch zu tun hat, hat noch nichts getan
Er hat immer zu tun
Adjutanten führen Geschäftszimmer
Blechschmiede
Das soll kein Hieb sein
Geschäftszimmer führen Feldwebel
Feldwebel führen Kompagnieschreibstuben
Also Tintenkrieg
Krieg führt alle an der Nase
Kriege sind nicht zu führen
Wenn sie ausbrechen
Also soll man sie lassen
Ehe sie ausbrechen
Gewonnene Kriege sind gefährlicher als
verlorene
Sieh 1870-71
Gewonnene Kriege erzeugen Grössenwahne
Sieh 1870
Sieh SiegesalMe
Sieh dir nicht mehr Berlin an
Siege verderben den Volkscharakter
Und die Architektur
Sieh dir Berlin an
Sieh Gründerjahre
Verlorene Kriege sind keine Verluste
Verluste sind erwürgte Menschen
Alle Kriege müssen sich verlieren
Völker brauchen keine Kriege zu führen
Wenn sie kühl und gesund leben
Sieh Eskimos
Denn Kriege sind zwecklose Unterbrechun-
gen eines eingebildeten Friedens
Bilde dir nur nichts mehr ein, Vetter Michel,
fetter
Fett macht schwach
Schwäche ist lächerlich
Das ist ein starkes Stück
Er nimmt Menschen nicht ernst
Er ist nicht ernst zu nehmen
Nehmt mich doch heiter
Das ist aber doch lächerlich
DAS seid IHR aber doch
Er schätzt uns nicht
Ich überschätze euch nicht mehr
Denn Dummheit ist international
Doch Geist ist grenzenlos
Darum sagt er: Wenn eine Nation auf
Erden unmöglich ist, ist Nationalismus un-
möglich
Ist aber Nationalismus unmöglich, ist
Nationslosigkeit Pflicht
Kunst ist international
Darum lacht sie alle Michel tot
Überschätzung sei nur einsamen Geistern
erlaubte Notwehr
Menschen sind kosmische Lächerlichkeiten
Komisch sind sie nicht
Tragisch sind sie nicht
Denn ihr Schicksal machen sie sich ^selber
72
lichen Früchte in ein grosses Glashaus zu
tragen, sodass alles Volk sie sehen und
alsbald verzehren könne. Und so geschah
es. Ein Fest wurde gerichtet und alles
Volk geladen. Der Hüter des Cultus selbst
erschien mit allen Unterhütern, die er aus
dem Schlafe geweckt hatte. Das Volk
drängte sich in die Halle. Aber alsbald
entstand Lärm und Verwirrung. Üble
Dünste erfültten den Raum. Grauen und
Zittern überfiel alle Menschen, weil gräss-
licher Gestank die Luft verdarb und gifti-
ger Hauch in Schwaden hin und her trieb.
„Wo sind die Früchte?" schrie das Volk
und Entsetzen ergriff alle. „Esset", riefen
die Sektierer. „Esset", schrie der Hüter
des Cultus und alle Unterhüter. Und das
gierige Volk, das soviel von den wohl-
schmeckenden und nahrhaften Früchten
gehört hatte, frass verzweifelt von der ekel-
haften Speise. Es war der Kot der ver-
zehrten Früchte, den die Sektierer vom
elften Monde dem verblendetes! Volke
reichten.
Dem Hüter und den Unterhütern des
Kultus gewidmet
Rudolf Biümner
Zuginsfeld
Otto Nebel
Fortsetzung
Ach was
Adjutanten schreien immer
Schneidige Stimme
Sie haben zu bestimmen
An Hand des Schafskopfs
Das Bein ist rechte Hand
Steht auf dem Kopf
Läuft auf den Händen
Man muss ihn auf Händen tragen
Den Schafskopf
Haupt auf einer Schüssel
Gedämpfte Bregen
Pfui Teufel
Mahlzeit, die Herrn, habe zu tun
Wer noch zu tun hat, hat noch nichts getan
Er hat immer zu tun
Adjutanten führen Geschäftszimmer
Blechschmiede
Das soll kein Hieb sein
Geschäftszimmer führen Feldwebel
Feldwebel führen Kompagnieschreibstuben
Also Tintenkrieg
Krieg führt alle an der Nase
Kriege sind nicht zu führen
Wenn sie ausbrechen
Also soll man sie lassen
Ehe sie ausbrechen
Gewonnene Kriege sind gefährlicher als
verlorene
Sieh 1870-71
Gewonnene Kriege erzeugen Grössenwahne
Sieh 1870
Sieh SiegesalMe
Sieh dir nicht mehr Berlin an
Siege verderben den Volkscharakter
Und die Architektur
Sieh dir Berlin an
Sieh Gründerjahre
Verlorene Kriege sind keine Verluste
Verluste sind erwürgte Menschen
Alle Kriege müssen sich verlieren
Völker brauchen keine Kriege zu führen
Wenn sie kühl und gesund leben
Sieh Eskimos
Denn Kriege sind zwecklose Unterbrechun-
gen eines eingebildeten Friedens
Bilde dir nur nichts mehr ein, Vetter Michel,
fetter
Fett macht schwach
Schwäche ist lächerlich
Das ist ein starkes Stück
Er nimmt Menschen nicht ernst
Er ist nicht ernst zu nehmen
Nehmt mich doch heiter
Das ist aber doch lächerlich
DAS seid IHR aber doch
Er schätzt uns nicht
Ich überschätze euch nicht mehr
Denn Dummheit ist international
Doch Geist ist grenzenlos
Darum sagt er: Wenn eine Nation auf
Erden unmöglich ist, ist Nationalismus un-
möglich
Ist aber Nationalismus unmöglich, ist
Nationslosigkeit Pflicht
Kunst ist international
Darum lacht sie alle Michel tot
Überschätzung sei nur einsamen Geistern
erlaubte Notwehr
Menschen sind kosmische Lächerlichkeiten
Komisch sind sie nicht
Tragisch sind sie nicht
Denn ihr Schicksal machen sie sich ^selber
72