durch seine Bemerkung: Die Abrechnun-
gen stimmten immer. Da wundert sich
ein Westheim! Nicht wahr, das ist nun
einmal in all der Trübsal eine spasshafte
Sache ? Ja, so geht es im Leben zu. Denn
ich selbst, kein anderer als ich selbst, habe
vor längerer Zeit Herrn Campendonk eine
Abrechnung gesandt, die nicht stimmte.
Mein Wort, sie stimmte nicht. Die Sache
war recht ärgerlich. Ich mochte vorwärts
und rückwärts rechnen, Zahlen summieren
und Listen studieren, Korrespondenzen
durchblättern, es wollte nicht stimmen.
Und ich sah, dass es keine leichte Sache
ist, sich durch alte und neue Listen der
Künstler nach Jahren hindurchzufinden.
Sie sehen nicht aus, diese Listen, wie kauf-
männische Lieferscheine oder Fakturen.
Man muss revidieren und kollationieren,
sich gegenseitig aufklären, bis schliesslich
alles doch noch in die Ordnung kommt.
Aber Campendonk hätte, ohne die Wahr-
heit zu verletzen, schreiben können: Die
Abrechnungen stimmen nicht immer.
Schrieb er anders, so war er sich bewusst,
dass eine solche Bemerkung nicht auf ein
Versehen, wie es in allen Betrieben der
Welt vorkommen kann, schliessen lässt,
sondern auf eine Art betrügerischer Hand-
lung. Nur eine solche ist gemeint, wenn
man das Nichtstimmen der Abrechnungen
als das Gewöhnliche betrachtet. Campen-
donk tat das nicht. Nahm er dennoch
spontan bei Ihnen die Vermutung falscher
Abrechnungen an, so kann er nur noch
dieses Eine gedacht haben: „Herr West-
heim glaubt, dass Künstler vom Sturm
fortgehen, weil die Abrechnungen nicht
stimmen. Ich muss ihm diesen Glauben
nehmen.“ Aber jetzt, Herr Westheim, habe
ich Sie wieder einmal in einer Ihrer vielen
Schlingen. Denn Sie erklären es in eben
dem Artikel, der uns hier beschäftigt, für
eine Lächerlichkeit, derartige Vermutungen
bei Ihnen vorauszusetzen. Sie werden mit
Campendonk keine Ausnahme machen und
haben also durch Ihren eigenen Protest
bewiesen, dass er die Vermutung falscher
Abrechnungen auf keinen Fall spontan
bei Ihnen vorausgesetzt hat. So bleibt denn
nur übrig, was ich Ihnen bereits auf den
Kopf zugesagt habe: Sie selbst haben Cam-
pendonk veranlasst, eine solche Vermutung
bei Ihnen vorauszusetzen. Wie das ge-
schehen sei, in welcher Form und mit
welchen Worten oder Wendungen, ist mir
gleichgültig. Es ist schon spassig genug,
dass ich erst Westheim mit Campendonk
und dann Campendonk mit Westheim
widerlege. Was Sie da wieder geleistet
haben, ist eine echte Westheimiade. Denn
wem äusser Ihnen könnte so etwas ge-
schehen? Sie wollen beweisen, dass Künstler
den Sturm nur aus künstlerischen Gründen
verlassen. Um das an einem eklatanten
Beispiel zu erhärten, verschaffen Sie sich
ein spontanes Schreiben von Campendonk.
Und während Sie so unvorsichtig sind, ihn
mehr oder weniger rund heraus nach Ab-
rechnungen zu fragen, sind Sie noch oben-
drein so ungeschickt, die verräterische Stelle
seiner Antwort abzudrucken: Die Abrech-
nungen stimmten immer. Dieses nenne
ich eine Westheimiade. Und vielleicht
wird Aehnliches noch in hundert Jahren
so heissen. Aber freilich hat Ihnen dieser
Campendonk das Konzept von vornherein
verdorben, indem er fortfuhr: „Das, was
mich veranlasste, vom Sturm fortzugehen,
war mehr . . . .“ Entweder mussten Sie
den verräterischen Vordersatz mit ab-
drucken oder das verdammte „mehr“
streichen. Viel hätten Sie dabei nicht ge-
wonnen. Auch dieser Zusatz war so stili-
siert, dass selbst die Schafsköpfe Ihr neu-
gieriges Ausfragen hätten wittern müssen.
Mit seinem unglückseligen „mehr“ ist er
nichts als eine neue Bestätigung, dass Sie
auch im Fall Campendonk geschäftliche
Unsauberkeiten des Sturm vermutet haben.
Was Sie kurz vorher pathetisch und ein
für allemal geleugnet hatten. Es war eine
Enttäuschung. Leider waren es nur
künstlerische Gründe, die Campendonk zum
Fortgehen veranlassten. Und so entschlossen
Sie sich kurzerhand zu einer neuen West-
heimiade. Auch gut, dachten Sie, dann
stelle ich meinen Angriff anders ein und
gehe jetzt schnurstracks auf die rein künst-
lerischen Gründe los. Aber was Ihnen da
Campendonk mitgeteilt hat, jener ekelhafte
Betrieb mit Wauer, Nell Walden und An-
deren, das sind doch Behauptungen von
Tatsachen, die im Grunde genommen Wert-
urteile enthalten. Gestatten Sie mir, diesen
einen besonderen Brief zu widmen und
zunächst den tatsächlichen Behauptungen
auf den Grund zu kommen. — Was also
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gen stimmten immer. Da wundert sich
ein Westheim! Nicht wahr, das ist nun
einmal in all der Trübsal eine spasshafte
Sache ? Ja, so geht es im Leben zu. Denn
ich selbst, kein anderer als ich selbst, habe
vor längerer Zeit Herrn Campendonk eine
Abrechnung gesandt, die nicht stimmte.
Mein Wort, sie stimmte nicht. Die Sache
war recht ärgerlich. Ich mochte vorwärts
und rückwärts rechnen, Zahlen summieren
und Listen studieren, Korrespondenzen
durchblättern, es wollte nicht stimmen.
Und ich sah, dass es keine leichte Sache
ist, sich durch alte und neue Listen der
Künstler nach Jahren hindurchzufinden.
Sie sehen nicht aus, diese Listen, wie kauf-
männische Lieferscheine oder Fakturen.
Man muss revidieren und kollationieren,
sich gegenseitig aufklären, bis schliesslich
alles doch noch in die Ordnung kommt.
Aber Campendonk hätte, ohne die Wahr-
heit zu verletzen, schreiben können: Die
Abrechnungen stimmen nicht immer.
Schrieb er anders, so war er sich bewusst,
dass eine solche Bemerkung nicht auf ein
Versehen, wie es in allen Betrieben der
Welt vorkommen kann, schliessen lässt,
sondern auf eine Art betrügerischer Hand-
lung. Nur eine solche ist gemeint, wenn
man das Nichtstimmen der Abrechnungen
als das Gewöhnliche betrachtet. Campen-
donk tat das nicht. Nahm er dennoch
spontan bei Ihnen die Vermutung falscher
Abrechnungen an, so kann er nur noch
dieses Eine gedacht haben: „Herr West-
heim glaubt, dass Künstler vom Sturm
fortgehen, weil die Abrechnungen nicht
stimmen. Ich muss ihm diesen Glauben
nehmen.“ Aber jetzt, Herr Westheim, habe
ich Sie wieder einmal in einer Ihrer vielen
Schlingen. Denn Sie erklären es in eben
dem Artikel, der uns hier beschäftigt, für
eine Lächerlichkeit, derartige Vermutungen
bei Ihnen vorauszusetzen. Sie werden mit
Campendonk keine Ausnahme machen und
haben also durch Ihren eigenen Protest
bewiesen, dass er die Vermutung falscher
Abrechnungen auf keinen Fall spontan
bei Ihnen vorausgesetzt hat. So bleibt denn
nur übrig, was ich Ihnen bereits auf den
Kopf zugesagt habe: Sie selbst haben Cam-
pendonk veranlasst, eine solche Vermutung
bei Ihnen vorauszusetzen. Wie das ge-
schehen sei, in welcher Form und mit
welchen Worten oder Wendungen, ist mir
gleichgültig. Es ist schon spassig genug,
dass ich erst Westheim mit Campendonk
und dann Campendonk mit Westheim
widerlege. Was Sie da wieder geleistet
haben, ist eine echte Westheimiade. Denn
wem äusser Ihnen könnte so etwas ge-
schehen? Sie wollen beweisen, dass Künstler
den Sturm nur aus künstlerischen Gründen
verlassen. Um das an einem eklatanten
Beispiel zu erhärten, verschaffen Sie sich
ein spontanes Schreiben von Campendonk.
Und während Sie so unvorsichtig sind, ihn
mehr oder weniger rund heraus nach Ab-
rechnungen zu fragen, sind Sie noch oben-
drein so ungeschickt, die verräterische Stelle
seiner Antwort abzudrucken: Die Abrech-
nungen stimmten immer. Dieses nenne
ich eine Westheimiade. Und vielleicht
wird Aehnliches noch in hundert Jahren
so heissen. Aber freilich hat Ihnen dieser
Campendonk das Konzept von vornherein
verdorben, indem er fortfuhr: „Das, was
mich veranlasste, vom Sturm fortzugehen,
war mehr . . . .“ Entweder mussten Sie
den verräterischen Vordersatz mit ab-
drucken oder das verdammte „mehr“
streichen. Viel hätten Sie dabei nicht ge-
wonnen. Auch dieser Zusatz war so stili-
siert, dass selbst die Schafsköpfe Ihr neu-
gieriges Ausfragen hätten wittern müssen.
Mit seinem unglückseligen „mehr“ ist er
nichts als eine neue Bestätigung, dass Sie
auch im Fall Campendonk geschäftliche
Unsauberkeiten des Sturm vermutet haben.
Was Sie kurz vorher pathetisch und ein
für allemal geleugnet hatten. Es war eine
Enttäuschung. Leider waren es nur
künstlerische Gründe, die Campendonk zum
Fortgehen veranlassten. Und so entschlossen
Sie sich kurzerhand zu einer neuen West-
heimiade. Auch gut, dachten Sie, dann
stelle ich meinen Angriff anders ein und
gehe jetzt schnurstracks auf die rein künst-
lerischen Gründe los. Aber was Ihnen da
Campendonk mitgeteilt hat, jener ekelhafte
Betrieb mit Wauer, Nell Walden und An-
deren, das sind doch Behauptungen von
Tatsachen, die im Grunde genommen Wert-
urteile enthalten. Gestatten Sie mir, diesen
einen besonderen Brief zu widmen und
zunächst den tatsächlichen Behauptungen
auf den Grund zu kommen. — Was also
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