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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 12.1921

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Achtes Heft
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Walden, Herwarth: Unter den Sinnen, [4]: Dichtung zwischen Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47209#0176
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Wenn Ihr mich trefft, brechen mir die
Füsse. Ich will Euch nicht treffen
Darf ich Dich nicht pflegen, Friedel. Du
kannst doch die Schwester sparen
Ich spare nicht an meinen Schwestern.
Ich spare nicht. Ich spare nichts. Geh in
Deine Nähe und lass mich unendlich in der
Ferne schwärmen
So dankst Du meine Liebe. Ich habe mich
Deinetwegen fast zerworfen
Du hast Dich Deinetwegen fast zerworfen,
aber Du sparst. Du sammelst die Scherben.
Du kittest die Scherben.
Wirf Dich nicht fort, Friedel. Das we-
nigstens musst Du mir versprechen.
Ich verspreche mich nie. Ich spreche nicht.
Eine Tänzerin bin ich auf der Strasse
Kann ich Dir also wirklich nicht helfen
Lass mich fallen.
So mein Fräulein, nun geht es bald besser.
Sie haben eine sanfte Hand, Herr Doktor.
Ein Glück, dass Sie so gut gefallen sind.
Es fiel mir so schwer, mich zu heben-
Das ist kein Wunder.
Vielleicht habe ich mich überhoben
Ist unser verehrter Doktor nicht ein Wun-
der von Mensch.
Kann ich mich nicht etwas heben
Sie dürfen sich so wenig wie möglich be-
wegen. Stützen Sie sich doch auf meinen
Arm.
Ich falle immer wieder zurück.
Liegen ist sehr gesund
Für Kranke.
Habe ich Sie gekränkt.
Krank sein ist verächtlich.
Liegen Sie jetzt gut.
Sind Sie immer um den Doktor.
Jetzt ist er immer sehr traurig.
Wohnt er ganz allein in diesem grossen
Hause.
Er lebt in seiner schönen Frau.
Wo ist sie.
Sie liegt im Garten neben diesem Baum,
der sein Zimmer grüsst.
Muss ich sterben
Was bewegt Sie, Sie dürfen sich nicht be-
wegen.
Rufen Sie ihn, ich will fort.
Sie müssen ihm Kind sein. Sie könnten ihr
Kind sein. Sie ist für sein Kind gestorben.
Für ihr Kind. Sonst hat sie ihn nicht
geliebt.

Sie lieben ihn.
Zeigen Sie mir ihr Bild.
Es gibt kein Bild von ihr. Niemandem hat
er sie gegönnt.
Wenn ich ihm doch helfen könnte.
Stützen Sie sich auf mich. Sie haben so
sanfte Augen
Wir wollen beide für ihn leben.
Er lebt über uns hinweg.
Warum streicheln Sie mein Haar.
Weil Sie Schmerzen haben.
Sie sollen mein Haar nicht berühren.
Habe ich Ihnen weh getan.
Krank sein ist verächtlich.
Sie lieben ihn sehr.
Sie auch.
Ich bin ein Mann
Eine Tänzerin bin ich auf der Strasse.
Wie ist Ihr Vorname
Wie heisst seine Frau
Irma
Ich heisse Friedel.
Wollen Sie jetzt nicht etwas schlafen.
Wollen Sie dafür sorgen, dass ich neben
dem Baum zu liegen komme.
Sie müssen jetzt unbedingt schlafen.
Liegen ist gesund. Der Baum grüsst sein
Zimmer.
Darf ich noch einmal Ihr Haar streicheln.
Sie dürfen sich nicht bewegen.
Wollen wir nicht gute Freunde werden.
Krank sein ist verächtlich.
Schliessen Sie die sanften Augen.
Können Sie mein Bett nicht näher an das
Fenster rücken
Morgen komme ich wieder
Ich will seinen Zweigen lauschen.
Haben Sie gut geschlafen.
Sie müssen viel um mich sein.
Sie lieben den Doktor.
Sie müssen immer um mich sein, wenn
ich nicht um ihn sein kann
Ich darf ihm nichts nehmen.
Ihm nehmen Sie nichts. Sie können sich
fest darauf verlassen.
Er verlässt sich auf uns. Darf ich ihm sa-
gen, dass ich Dich liebe.
Wir müssen ganz still sein, Du, denn ich
muss in seinen Zweigen lauschen.
Ich werde es nicht ertragen können, Dich
um ihn zu sehen.
Abends gehen wir in den Garten. Wir er-
zählen uns von ihm. Und später setztst Du

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