DOI article:
Kassák, Lajos: Aus dem 'Buch der Reinheit'
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.47214#0081
DER STURM / ZWEITES VIERTELJAHRHEFT
Hände aus, so würde ich von der Berührung meiner Brüder einschlafen.
Oft habe ich schon in meinem Leben mich beklagt und noch mehr ge-
flucht. Das alles aber ist nur im Schornstein mit schwarzer Kreide auf-
geschrieben. Es wäre gut, mit Sack und Pack aufzubrechen und spurlos
von diesem Jagdgebiet auszuwandern.
Vogelschnäbel sägen Stimmgabeln herab von der Höhe.
Mitunter kommt auch zu uns die Zeit, um uns auf die Handfläche zu
nehmen und aus den Tiefen unser Selbst herauszuheben. Viele sind wir,
von vielen dummen Sachen müsste ich reden, und dennoch, wenn wir es
bedenken, ist alles in uns gesät. Die Dinge prallen von hüben und drüben
an uns und unbemerkt verwandeln wir uns in Stein oder Stahl.
Wir haben Schwerkraft und Spannungsstärke und wenn es sein muss,
erraten wir die Lebensmöglichkeit. Nach und nach gewöhne ich mich
auch daran, Geld auszuborgen. Obwohl es feststeht, dass ich am liebsten
geben möchte. So könnte ich meine Grundnatur eher ausleben, wogegen
sie sich jetzt bloss in meinen Schriften und Bildern offenbart.
Grosse Schneefelder sind um mich, meine Verwandten die Obstbäume
schliefen im Winde ein.
Brüderlos bin ich, und mir fallen die Haare aus. Meine Epigonen schreiben
unbeholfene Artikel gegen mich. Meine Schuhe sind plump. Abgesperrt
bin ich von den Mädchen.
Und kein Hegen über mich und keine Sonne über mich.
Stürme kämmen weinende Lilien.
Trotzdem sagen mir meine guten Freunde vergebens, ich soll sterben,
damit sie endlich auch in den Vordergrund treten. Ich bin aus festem
Stoff geknetet, zäh und rücksichtslos. Ich vermochte die revolutionärer!
Phrasen in mir auszujäten. Ein Dichter, tötete ich in mir den Vers. Jetzt
trage ich mit ruhigem Gewissen meine Turnpantoffeln zu Grabe.
Ich möchte ein guter Mathematiker sein oder ein guter Ingenieur.
Wir sind unbarmherzig zurückgedrängt. Immerhin geschieht uns recht,
dass wir hier sind.
Die Perspektiven laufen durch die Glaswände.
Grabet in euch die Unsterblichkeit des Geistes und den Widerstand des
Stoffes auf. Ludwig Kassäk
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Hände aus, so würde ich von der Berührung meiner Brüder einschlafen.
Oft habe ich schon in meinem Leben mich beklagt und noch mehr ge-
flucht. Das alles aber ist nur im Schornstein mit schwarzer Kreide auf-
geschrieben. Es wäre gut, mit Sack und Pack aufzubrechen und spurlos
von diesem Jagdgebiet auszuwandern.
Vogelschnäbel sägen Stimmgabeln herab von der Höhe.
Mitunter kommt auch zu uns die Zeit, um uns auf die Handfläche zu
nehmen und aus den Tiefen unser Selbst herauszuheben. Viele sind wir,
von vielen dummen Sachen müsste ich reden, und dennoch, wenn wir es
bedenken, ist alles in uns gesät. Die Dinge prallen von hüben und drüben
an uns und unbemerkt verwandeln wir uns in Stein oder Stahl.
Wir haben Schwerkraft und Spannungsstärke und wenn es sein muss,
erraten wir die Lebensmöglichkeit. Nach und nach gewöhne ich mich
auch daran, Geld auszuborgen. Obwohl es feststeht, dass ich am liebsten
geben möchte. So könnte ich meine Grundnatur eher ausleben, wogegen
sie sich jetzt bloss in meinen Schriften und Bildern offenbart.
Grosse Schneefelder sind um mich, meine Verwandten die Obstbäume
schliefen im Winde ein.
Brüderlos bin ich, und mir fallen die Haare aus. Meine Epigonen schreiben
unbeholfene Artikel gegen mich. Meine Schuhe sind plump. Abgesperrt
bin ich von den Mädchen.
Und kein Hegen über mich und keine Sonne über mich.
Stürme kämmen weinende Lilien.
Trotzdem sagen mir meine guten Freunde vergebens, ich soll sterben,
damit sie endlich auch in den Vordergrund treten. Ich bin aus festem
Stoff geknetet, zäh und rücksichtslos. Ich vermochte die revolutionärer!
Phrasen in mir auszujäten. Ein Dichter, tötete ich in mir den Vers. Jetzt
trage ich mit ruhigem Gewissen meine Turnpantoffeln zu Grabe.
Ich möchte ein guter Mathematiker sein oder ein guter Ingenieur.
Wir sind unbarmherzig zurückgedrängt. Immerhin geschieht uns recht,
dass wir hier sind.
Die Perspektiven laufen durch die Glaswände.
Grabet in euch die Unsterblichkeit des Geistes und den Widerstand des
Stoffes auf. Ludwig Kassäk
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