DER STURM/DRITTES VIERTELJAHRHEFT
durchaus guter und nicht unbedeutender Einfall von Ihnen gewesen, der mir zu hohem
Genüsse gereicht“), und so also, halb interessiert und halb mit dem Herzen beteiligt,
diese blonden Burschen in ihrer gut gemeinten Hilflosigkeit betrachtet und sich müht,
den Grund aufzuspüren über Lied und Vortrag einige artige Worte zu äußern. . .“
Das geht selbst über die Höflichkeit von Zigarettenreichen. Diese ganze Huldigung
ist die größte Schmach, die mit dem kitschigen Begriff des deutschen Meisters je
verbunden ist. Und der Herr deutsche Meister duldet sie. Diese solid denkenden
und solid gebildeten Persönlichkeiten von Grundsätzen, diese soignierte Gesellschaft
sind womöglich noch literarisch gerührt. Und der durchaus haltungsvolle Meister
bejaht spätgotisch das Lob des Herrn Zarek (München) durch Schweigen. Dieser
Zauberer sagt nach dem Gesang von Wandervögeln: „Das ist ein durchaus guter und
nicht unbedeutender Einfall von Ihnen gewesen, der mir zu hohem Genüsse gereicht.“
Von einem Mann, der diesen Satz sagt, behaupten viele Männer, daß er ein Dichter
und ein Meister sei. Es gereicht mir zu hohem Genuß. Wir, Thomas, von Gottes
Gnaden Dichter von S. Fischer in der Villa am Isarstrand. Uns gereicht es zu hohem
Genüsse, dem durchaus nicht unbedeutenden Einfall beigewohnt zu haben. Ich über-
reiche Ihnen, meine Herren und Damen, Zigaretten als Zeichen meiner Huld für Ihre
wohlverdiente Huldigung. Halb mit dem Herzen und halb interressiert, betrachtet
der große Thomas sein Volk der Wandervögel, die stolz darauf sind, unliterarisch zu
sein. Wenn man noch hört, aus welchem Anlaß Herr Thomas Mann die Last dieser
Ehren auf sich nimmt, so traut man seinen Ohren nicht: „Der Zauberer, (nennen wir
ihn nur so, wie alle Welt ihn nennt — ihn schon lange, lange Zeit nannte, bevor er
für sein neues Standardwork den Titel „Zauberburg“ zu wählen entschloßen war),
feierte Geburtstag. Einen Geburtstag schlechthin, wie ihn der Mensch meist einmal
im Jahre zu ertragen gezwungen ist.“ Zum Glück meist ohne solche Pressehuldigungen
Sonst wäre man gezwungen, ihn nicht zu ertragen. Herr Zarek (München) aber schließt:
„Indiskretionen sind nur erlaubt, wenn sie das Gegenstandslose enthüllen, die Stimmung,
die Lebenslust, die Atmosphäre eines Hauses. Es gibt in München nicht viele der
Lebendigkeiten mehr.“ Diese Sättigungsprozedur nennt ein Literat gegenstandslos.
Diese Singerei Stimmung. Diese Zigaretten Lebenslust. Seinen Artikel die Atmos-
phäre eines Hauses. Diese Art Dichten und Trachten ist für die Bürger des Geistes
das Zentrum des Lebens. Das sind die Dichter und Denker dieser Zeit. Der Herr
aus München nennt es „Kleine Feier bei großen Leuten.“
Wir Künstler feiern mit den kleinen Leuten.
Her warth Walden
121
durchaus guter und nicht unbedeutender Einfall von Ihnen gewesen, der mir zu hohem
Genüsse gereicht“), und so also, halb interessiert und halb mit dem Herzen beteiligt,
diese blonden Burschen in ihrer gut gemeinten Hilflosigkeit betrachtet und sich müht,
den Grund aufzuspüren über Lied und Vortrag einige artige Worte zu äußern. . .“
Das geht selbst über die Höflichkeit von Zigarettenreichen. Diese ganze Huldigung
ist die größte Schmach, die mit dem kitschigen Begriff des deutschen Meisters je
verbunden ist. Und der Herr deutsche Meister duldet sie. Diese solid denkenden
und solid gebildeten Persönlichkeiten von Grundsätzen, diese soignierte Gesellschaft
sind womöglich noch literarisch gerührt. Und der durchaus haltungsvolle Meister
bejaht spätgotisch das Lob des Herrn Zarek (München) durch Schweigen. Dieser
Zauberer sagt nach dem Gesang von Wandervögeln: „Das ist ein durchaus guter und
nicht unbedeutender Einfall von Ihnen gewesen, der mir zu hohem Genüsse gereicht.“
Von einem Mann, der diesen Satz sagt, behaupten viele Männer, daß er ein Dichter
und ein Meister sei. Es gereicht mir zu hohem Genuß. Wir, Thomas, von Gottes
Gnaden Dichter von S. Fischer in der Villa am Isarstrand. Uns gereicht es zu hohem
Genüsse, dem durchaus nicht unbedeutenden Einfall beigewohnt zu haben. Ich über-
reiche Ihnen, meine Herren und Damen, Zigaretten als Zeichen meiner Huld für Ihre
wohlverdiente Huldigung. Halb mit dem Herzen und halb interressiert, betrachtet
der große Thomas sein Volk der Wandervögel, die stolz darauf sind, unliterarisch zu
sein. Wenn man noch hört, aus welchem Anlaß Herr Thomas Mann die Last dieser
Ehren auf sich nimmt, so traut man seinen Ohren nicht: „Der Zauberer, (nennen wir
ihn nur so, wie alle Welt ihn nennt — ihn schon lange, lange Zeit nannte, bevor er
für sein neues Standardwork den Titel „Zauberburg“ zu wählen entschloßen war),
feierte Geburtstag. Einen Geburtstag schlechthin, wie ihn der Mensch meist einmal
im Jahre zu ertragen gezwungen ist.“ Zum Glück meist ohne solche Pressehuldigungen
Sonst wäre man gezwungen, ihn nicht zu ertragen. Herr Zarek (München) aber schließt:
„Indiskretionen sind nur erlaubt, wenn sie das Gegenstandslose enthüllen, die Stimmung,
die Lebenslust, die Atmosphäre eines Hauses. Es gibt in München nicht viele der
Lebendigkeiten mehr.“ Diese Sättigungsprozedur nennt ein Literat gegenstandslos.
Diese Singerei Stimmung. Diese Zigaretten Lebenslust. Seinen Artikel die Atmos-
phäre eines Hauses. Diese Art Dichten und Trachten ist für die Bürger des Geistes
das Zentrum des Lebens. Das sind die Dichter und Denker dieser Zeit. Der Herr
aus München nennt es „Kleine Feier bei großen Leuten.“
Wir Künstler feiern mit den kleinen Leuten.
Her warth Walden
121