=Picasso in der Grundhaltung der Seele. All das ist falsch. Die Ge-
meinsamkeit besteht bei allen vieren einfach darin, daß das innere
Erschauen der Uridee der Projektion ins Visuelle vorangeht. Zuerst,
nach der Rückführung des netzhäutlichen Erlebnisses auf seinen
ideellen Gehalt, kommt das innere Sehen, das an sich raumlos ist, dann,
indem es sich immer mehr objektiert, wird es raumhafter, sucht eine
adaequate visuelle Form, in die es wieder hineingleiten könnte, um das
Leben irgendwie führen zu können. Dieses gefährliche Hineingleiten
in gegebene Formen tötet unter allen Umständen die inneren Gesichte,
und befreit so von ihnen. Der rechte Künstler aber sucht nicht sich
selbst, sondern seine Gesichte zu retten, indem er ihnen ihre besondere,
und ihnen allein eigentümliche Wirklichkeit erteilt und dadurch ihr
Substrat vor dem Verkommen im Kerker praestabilirter Form be-
wahrt. Michelangelos Skulpturen, Lionardos, Picassos, Rousseus,
Zrzavys Bilder sind ihre Gesichte auf dem Wege zur Realität, genau
so wie die Natur die Ideen nie in ihrer endgültigen Realität bringt,
sondern auf dem Wege zu dieser Endgültigkeit begriffen.
Was in den Werken Zrzavys vor uns steht, sind nicht
blosse starre Formeln, kein Intellektualismus, keine Illustration von
Traktaten, sondern die Fülle der Natur, freilich einer besonderen, für
sich selbst lebenden, ihren Nahrstoff selbst produzierenden Natur. Es
sind die paradiesischen Urformen, die, in das Inferno des Menschen-
herzens verirrt, durch das Purgatorio der Erkenntnis den Heimweg zu
ihrem Paradiese finden. Während sogenannte Deformationen bei den
meisten schaffenden Künstlern einfach auf die Empfindung zurück-
gehen, daß sich durch den Charakter der dargestellten Erscheinung eine
innere Symmetralachse nicht legen läßt, daher die äußere nach den
Gesetzen der physikalischen Natur ihnen schablonenmäßig verliehene
Symmetrie korrigiert, zurechtgerückt, bzw. beseitigt werden müsse,
steht die besondere Form, welche die Ideen Zrzavys erlangen, auch
im Zeichen einer besonderen latenten Symmetrie, die nur auf diese Idee
ihre Anwendung finden kann und mit ihnen unlösbar verknüpft ist.
Der Unterschied besteht eben darin, daß andere Maler von Gegebenheiten
ausgehen, und diese mehr oder weniger geistvoll oder auch genial
deklinieren, während Zrzavys Bilder werdende Objektivationen von
Ideen sind, also selbst zu Gegebenheiten, zu Realitäten erster Ordnung
werden. Lionardo ist nicht das Vorbild Zrzavy. sondern die Rechts-
quelle seiner Malerei, Rousseau oder Picasso sind nicht seine Vor-
aussetzungen, sondern sie bestätigen ihn bloß in vielem. Es ist be-
zeichnend, daß man an Zrzavy, eben weil man ihn nicht einzureihen
wußte, und seine Unkorrumpiertheit von fremden Einflüssen nicht ab-
leugnen konnte, etwas Krankhaft Abnormales zu finden glaubte, seine
„Kunst als pervers, unzeitgemäß, unmodern und in falschem Sinne
individualistisch beurteilte. Zrzavys meditative und spirituelle Kunstwerke
jedoch sind „ekstatische Konfessionen" einer durchaus modernen, aber
eigenwilligen, hartnäckigen und konsequenten Geistigkeit, die freilich
das Gegenteil der üblichen Bordellkunst darstellt. Deshalb wurde er
auch auf der Ausstellung der Tschechen am Place Vendome 1923
instinktiv mit Überraschung begrüßt und als der einzige, wirklich
Neues bringende tschechische Maler bezeichnet.
meinsamkeit besteht bei allen vieren einfach darin, daß das innere
Erschauen der Uridee der Projektion ins Visuelle vorangeht. Zuerst,
nach der Rückführung des netzhäutlichen Erlebnisses auf seinen
ideellen Gehalt, kommt das innere Sehen, das an sich raumlos ist, dann,
indem es sich immer mehr objektiert, wird es raumhafter, sucht eine
adaequate visuelle Form, in die es wieder hineingleiten könnte, um das
Leben irgendwie führen zu können. Dieses gefährliche Hineingleiten
in gegebene Formen tötet unter allen Umständen die inneren Gesichte,
und befreit so von ihnen. Der rechte Künstler aber sucht nicht sich
selbst, sondern seine Gesichte zu retten, indem er ihnen ihre besondere,
und ihnen allein eigentümliche Wirklichkeit erteilt und dadurch ihr
Substrat vor dem Verkommen im Kerker praestabilirter Form be-
wahrt. Michelangelos Skulpturen, Lionardos, Picassos, Rousseus,
Zrzavys Bilder sind ihre Gesichte auf dem Wege zur Realität, genau
so wie die Natur die Ideen nie in ihrer endgültigen Realität bringt,
sondern auf dem Wege zu dieser Endgültigkeit begriffen.
Was in den Werken Zrzavys vor uns steht, sind nicht
blosse starre Formeln, kein Intellektualismus, keine Illustration von
Traktaten, sondern die Fülle der Natur, freilich einer besonderen, für
sich selbst lebenden, ihren Nahrstoff selbst produzierenden Natur. Es
sind die paradiesischen Urformen, die, in das Inferno des Menschen-
herzens verirrt, durch das Purgatorio der Erkenntnis den Heimweg zu
ihrem Paradiese finden. Während sogenannte Deformationen bei den
meisten schaffenden Künstlern einfach auf die Empfindung zurück-
gehen, daß sich durch den Charakter der dargestellten Erscheinung eine
innere Symmetralachse nicht legen läßt, daher die äußere nach den
Gesetzen der physikalischen Natur ihnen schablonenmäßig verliehene
Symmetrie korrigiert, zurechtgerückt, bzw. beseitigt werden müsse,
steht die besondere Form, welche die Ideen Zrzavys erlangen, auch
im Zeichen einer besonderen latenten Symmetrie, die nur auf diese Idee
ihre Anwendung finden kann und mit ihnen unlösbar verknüpft ist.
Der Unterschied besteht eben darin, daß andere Maler von Gegebenheiten
ausgehen, und diese mehr oder weniger geistvoll oder auch genial
deklinieren, während Zrzavys Bilder werdende Objektivationen von
Ideen sind, also selbst zu Gegebenheiten, zu Realitäten erster Ordnung
werden. Lionardo ist nicht das Vorbild Zrzavy. sondern die Rechts-
quelle seiner Malerei, Rousseau oder Picasso sind nicht seine Vor-
aussetzungen, sondern sie bestätigen ihn bloß in vielem. Es ist be-
zeichnend, daß man an Zrzavy, eben weil man ihn nicht einzureihen
wußte, und seine Unkorrumpiertheit von fremden Einflüssen nicht ab-
leugnen konnte, etwas Krankhaft Abnormales zu finden glaubte, seine
„Kunst als pervers, unzeitgemäß, unmodern und in falschem Sinne
individualistisch beurteilte. Zrzavys meditative und spirituelle Kunstwerke
jedoch sind „ekstatische Konfessionen" einer durchaus modernen, aber
eigenwilligen, hartnäckigen und konsequenten Geistigkeit, die freilich
das Gegenteil der üblichen Bordellkunst darstellt. Deshalb wurde er
auch auf der Ausstellung der Tschechen am Place Vendome 1923
instinktiv mit Überraschung begrüßt und als der einzige, wirklich
Neues bringende tschechische Maler bezeichnet.