DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:Walden, Herwarth: Berliner Sommer Publikum
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.47216#0127
Berliner Sommer
Publikum
Wissen Sie, vorige Woche habe ich die Bergner
in einer Privatgesellschaft getroffen. Sie hat
sich ganz natürlich benommen. Dabei spielt
sie nicht unter tausend Mark.
Monatlich.
Täglich.
Sie hat auch viele Spesen.
Die Ausstattung ist fabelhaft.
Früher hatte man wenigstens Stil.
Sie hat wirklich schöne Beine.
Mein Mann sieht sich schon zum dritten Mal
den Film an.
Und wie natürlich sie die Geige hält.
Ist ihr Gatte eigentlich musikalisch?
Wir haben zwei Parkettkarten zur Oper.
Ich sah ihren Gatten vorgestern mit einer
Dame in der Philharmonie.
Eine entfernte Verwandte von uns.
Ich hielt sie für eine Künstlerin.
Wenn ich die Bergner wäre, würde ich mich
anders anziehen.
Übrigens habe ich in unserer Zeitung gelesen,
dass sie garnicht so begabt sein soll.
Die Leute tun ja so, als ob sie das Kino
gepachtet hätten.
Eskimo-Eis gefällig?
Links rausgehen. Nicht drängeln.
Guten Abend Herr Regierungsrat.
Gnädige Frau sehen wieder entzückend aus.
Guten Abend Bertha. Ich konnte mich leider
nicht früher freimachen.
Du warst wohl wieder in der Philharmonie?
Gestern wollte ich dir den ganzenTag erzählen.
Denke dir, da kommt plötzlich die Frau des
Kollegen aus Lüneburg.
Dass Sie aber die Bergner versäumt haben,
Herr Regierungsrat, wo Sie doch für ihre
Beine schwärmen, wie ihre Gattin sagt.
Die elegante Welt von heute»
Die Dame von morgen.
Die Wochenausgabe des Junggesellen.
Das moderne Drama hat keine Gedanken.
Die Sprache ist nicht gepflegt. Wenn ich an
meinen Lieblingsakt der Iphigenie denke.
Gewiss, Goethe hat seine enormen Qualitäten
Man kann aber deswegen nicht.
Selbst Goethe wird von diesen jungen Leuten
angegriffen.
Ich habe ja Sonnenthal nicht mehr gesehen,
aber was man sich erzählt, wie dieser gott-
begnadete Schauspieler —
Leider habe ich Sonnenthal auch nicht mehr
gesehen. Aber wenn man diesen Masstab an-
legen will
Die Börse geht wieder runter.
Stresemann hat doch das Menschenmögliche
Bismarck würde an seiner Stelle doch anders
gehandelt haben. Wenn ich denke, was das
für Zeiten gewesen sind, diese Paladine.
Und der alte, bescheidene Kaiser. Und heute
diese jungen Leute
Bismarck ist selbstverständlich ein Masstab.
Aber schliesslich, man kann mir doch das
Recht nicht nehmen, Masstäbe anzulegen.
Diese breite Behandlung des Sexuellen
Wie geht es Ihrer Frau Gemahlin?
Meine Frau ist klug. Sie lässt sich nicht
darauf ein, Experimente anzuhören.
Ich aber als Kulturmensch sage mir
Wilhelm, sieh mal, schon das elfte Mal in
die Welle.
Lass dich doch angagieren wennste kannst.
Sie sollten mehr Schanssonetten auftreten
lassen.
Aus Männer mach ich mir nichts. Das kann
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Publikum
Wissen Sie, vorige Woche habe ich die Bergner
in einer Privatgesellschaft getroffen. Sie hat
sich ganz natürlich benommen. Dabei spielt
sie nicht unter tausend Mark.
Monatlich.
Täglich.
Sie hat auch viele Spesen.
Die Ausstattung ist fabelhaft.
Früher hatte man wenigstens Stil.
Sie hat wirklich schöne Beine.
Mein Mann sieht sich schon zum dritten Mal
den Film an.
Und wie natürlich sie die Geige hält.
Ist ihr Gatte eigentlich musikalisch?
Wir haben zwei Parkettkarten zur Oper.
Ich sah ihren Gatten vorgestern mit einer
Dame in der Philharmonie.
Eine entfernte Verwandte von uns.
Ich hielt sie für eine Künstlerin.
Wenn ich die Bergner wäre, würde ich mich
anders anziehen.
Übrigens habe ich in unserer Zeitung gelesen,
dass sie garnicht so begabt sein soll.
Die Leute tun ja so, als ob sie das Kino
gepachtet hätten.
Eskimo-Eis gefällig?
Links rausgehen. Nicht drängeln.
Guten Abend Herr Regierungsrat.
Gnädige Frau sehen wieder entzückend aus.
Guten Abend Bertha. Ich konnte mich leider
nicht früher freimachen.
Du warst wohl wieder in der Philharmonie?
Gestern wollte ich dir den ganzenTag erzählen.
Denke dir, da kommt plötzlich die Frau des
Kollegen aus Lüneburg.
Dass Sie aber die Bergner versäumt haben,
Herr Regierungsrat, wo Sie doch für ihre
Beine schwärmen, wie ihre Gattin sagt.
Die elegante Welt von heute»
Die Dame von morgen.
Die Wochenausgabe des Junggesellen.
Das moderne Drama hat keine Gedanken.
Die Sprache ist nicht gepflegt. Wenn ich an
meinen Lieblingsakt der Iphigenie denke.
Gewiss, Goethe hat seine enormen Qualitäten
Man kann aber deswegen nicht.
Selbst Goethe wird von diesen jungen Leuten
angegriffen.
Ich habe ja Sonnenthal nicht mehr gesehen,
aber was man sich erzählt, wie dieser gott-
begnadete Schauspieler —
Leider habe ich Sonnenthal auch nicht mehr
gesehen. Aber wenn man diesen Masstab an-
legen will
Die Börse geht wieder runter.
Stresemann hat doch das Menschenmögliche
Bismarck würde an seiner Stelle doch anders
gehandelt haben. Wenn ich denke, was das
für Zeiten gewesen sind, diese Paladine.
Und der alte, bescheidene Kaiser. Und heute
diese jungen Leute
Bismarck ist selbstverständlich ein Masstab.
Aber schliesslich, man kann mir doch das
Recht nicht nehmen, Masstäbe anzulegen.
Diese breite Behandlung des Sexuellen
Wie geht es Ihrer Frau Gemahlin?
Meine Frau ist klug. Sie lässt sich nicht
darauf ein, Experimente anzuhören.
Ich aber als Kulturmensch sage mir
Wilhelm, sieh mal, schon das elfte Mal in
die Welle.
Lass dich doch angagieren wennste kannst.
Sie sollten mehr Schanssonetten auftreten
lassen.
Aus Männer mach ich mir nichts. Das kann
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