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Sutter, Conrad [Hrsg.]; Hessische Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst <1908, Darmstadt> [Hrsg.]
Haus Sutter: Hess. Landes-Austellung Darmstadt 1908 ; illustrierter Sonderkatalog — Darmstadt, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.23911#0052
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da es mit zum Begriff einer modernen Kunst gehört, dass
sie die alte fortsetzt, also naturgemäss auch zeigen muss,
von wo sie herkommt. Das absichtliche Ignorieren ge-
wisser auf praktischer oder künstlerischer Erfahrung be-
ruhenden Traditionen oder Konventionen ist keineswegs
modern, sondern eher reaktionär; wie es sich denn auch
bei näherer Betrachtung solcher Werke gewöhnlich heraus-
stellt, dass an Stelle der leichter zu erkennenden folgerichtigen
Traditionen Anregungen fernerliegender Kulturen wirksam
gewesen sind.

In der Modernität an sich eine künstlerische Qualität zu
sehen, ist die sicherste Gewähr für Verhinderung einer ge-
sunden Entwicklung. Man sollte sich nie bemühen, etwas
besonders neues, sondern stets nur etwas besonders gutes
zu machen, da eine wirklich gute künstlerische Leistung
niemals reproduktiv sein kann, also stets etwas neues sein
muss. Deshalb haben auch die persönlichsten und mo-
dernsten Künstler aller Zeiten sich stets am wenigsten vor
der scheinbaren Nachahmung ihrer Vorgänger gescheut.
Das allein hat eine Entwicklung ermöglicht.

Man ist heute vielfach der Ansicht, dass sich das allge-
meine künstlerische Verständnis in letzter Zeit sehr gehoben
habe. In Wirklichkeit hat sich aber nur die Art der Be-
griffsverwirrung etwas geändert. Es ist schliesslich ziemlich
einerlei, ob man gegen das absichtliche Ignorieren aller
künstlerischen Begriffe oder gegen ihre fortwährende falsche

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