Exekiäs lebte als Töpfer und Maler im dritten Viertel des sechsten Jahrhunderts v. Chr. in Athen.
Seine Wirkung als Töpfer war sehr groß. Aber sein Werk als Maler ist größer, weil es nicht nur in
seiner Zeit gewirkt hat, sondern noch in die Zeiten wirken kann. Deshalb soll Exekias hier als Maler ge-
würdigt werden.
Sein Lebenswerk1, soweit es auf uns gekommen ist, ist nicht groß im Vergleich mit dem der führenden
Meister des rotfigurigen Stils, auch nicht im Vergleich mit dem seines Zeitgenossen, des Amasismalers.
Es gehört aber in seiner inneren Größe zu den kostbarsten Zeugnissen des archaischen Griechentums,
deren Besitz zur Besinnung auf ursprüngliches Maß und echte Würde mahnt. Denn in diesem Werk des
Exekias ist schon etwas von dem aufgebrochen, das in der Kunst der Parthenonzeit seine reinste Gestalt
erhalten hat.
Während in den Werken des Andokidesmalers2, des ersten Meisters der neuen rotfigurigen Technik,
jonischer Lebensgenuß anschaulich wird, sind die Gestalten des Exekias unmittelbare Verkörperungen
des besten attischen Wesens. Sie bewahren stets den innigsten Bezug zu ihrem Tun, zum Menschen, zum
Tier, zu Gott. Nicht zufällig begegnet man auf seinen Bildern den Theseussöhnen (Taf. 2), den Dioskuren
(Taf. 20), dem Freundespaar Aias und Achill (Taf. 3, 21, 23). Und es ist eine treffende Bemerkung von
Beazley3, daß in Exekias etwas ist von Aias, dem besten Freund, der den schwersten, den selbst-
gewählten Weg zum Tode gehen muß, weil man ihm die Waffen Achills versagt hat.
Der Name seiner Werkstatt ist zumeist an kleine Schalen geknüpft4. Sein eigenes Künstlertum dagegen
spricht sich vornehmlich in großen Amphorenbildern aus. Einmal hat er .Iber eine Schale bemalt (Taf. 5,6),
aber er hat den apotropäischen Augen der Außenseite keine apotropäische Maske oder irgend ein zierliches
Schmuckbild im Innern gegenübergestellt, wie es sonst üblich war. Er faßt das ganze Schalenrund als
große Bildfläche zusammen und läßt den Trinker auf dem Boden der Schale den Weingott selber sehen,
wie er mit seligem Segel über das Meer kommt, beschattet von den schweren Trauben eines Weinstocks,
umspielt von dem Schwarm der Delphine. Immer fand Exekias für die innere Größe seiner Gestalten die
rechte Form die entsprechende äußere Größe. Sein Drang zur Monumentalität fand schließlich Erfüllung
in einem Zyklus von Tafelbildern mit Darstellungen einer Totenfeier, von dem uns noch bedeutende Reste
erhalten sind (Taf. 14—19).
Maßvolle Größe in der Haltung des Einzelnen, inniger Bezug in Freundschaft und Feindschaft von
Zweien, würdige Feier im großen Beisammen der Menschen. — das ist die Welt des Exekias. Wenn wir
die Macht seiner Bilder richtig verspürt haben, müssen wir ihn rühmen. Denn er hat den menschlichen
Dingen dieselbe Würde gegeben wie den göttlichen, und er hat den Göttern dieselbe Tiefe der Empfindung ge-
schenkt, wie sie seine Menschen besitzen. Während in seiner Zeit die Kunst menschlicher und „bürgerlicher“
wird6, zeigt er die übermenschliche Wirklichkeit im Dasein auf. Dort, wo sich das Leben über sich selbst
erhöht, in Feier und Fülle, in Heimkehr und Abschied, in Freundschaft und Kampf und in der Einsamkeit
des Todes, dort stehen seine Gestalten. Kein Taumel göttlicher Raserei, kein Blick in die alltägliche Ge-
schäftigkeit der Menschen und Götter, kein Spiel mit Schmuck und schönen Dingen, sondern der ent-
1 s. unten S. 20ff.
2 Beazley, Att. Vas. 7ff. — Technau, Corolla L. Curtius.
3 ABS. 20.
4 s. unten S. 15.
6 B. Schweitzer, Jahrbuch 44, 1929, 117ss.
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Seine Wirkung als Töpfer war sehr groß. Aber sein Werk als Maler ist größer, weil es nicht nur in
seiner Zeit gewirkt hat, sondern noch in die Zeiten wirken kann. Deshalb soll Exekias hier als Maler ge-
würdigt werden.
Sein Lebenswerk1, soweit es auf uns gekommen ist, ist nicht groß im Vergleich mit dem der führenden
Meister des rotfigurigen Stils, auch nicht im Vergleich mit dem seines Zeitgenossen, des Amasismalers.
Es gehört aber in seiner inneren Größe zu den kostbarsten Zeugnissen des archaischen Griechentums,
deren Besitz zur Besinnung auf ursprüngliches Maß und echte Würde mahnt. Denn in diesem Werk des
Exekias ist schon etwas von dem aufgebrochen, das in der Kunst der Parthenonzeit seine reinste Gestalt
erhalten hat.
Während in den Werken des Andokidesmalers2, des ersten Meisters der neuen rotfigurigen Technik,
jonischer Lebensgenuß anschaulich wird, sind die Gestalten des Exekias unmittelbare Verkörperungen
des besten attischen Wesens. Sie bewahren stets den innigsten Bezug zu ihrem Tun, zum Menschen, zum
Tier, zu Gott. Nicht zufällig begegnet man auf seinen Bildern den Theseussöhnen (Taf. 2), den Dioskuren
(Taf. 20), dem Freundespaar Aias und Achill (Taf. 3, 21, 23). Und es ist eine treffende Bemerkung von
Beazley3, daß in Exekias etwas ist von Aias, dem besten Freund, der den schwersten, den selbst-
gewählten Weg zum Tode gehen muß, weil man ihm die Waffen Achills versagt hat.
Der Name seiner Werkstatt ist zumeist an kleine Schalen geknüpft4. Sein eigenes Künstlertum dagegen
spricht sich vornehmlich in großen Amphorenbildern aus. Einmal hat er .Iber eine Schale bemalt (Taf. 5,6),
aber er hat den apotropäischen Augen der Außenseite keine apotropäische Maske oder irgend ein zierliches
Schmuckbild im Innern gegenübergestellt, wie es sonst üblich war. Er faßt das ganze Schalenrund als
große Bildfläche zusammen und läßt den Trinker auf dem Boden der Schale den Weingott selber sehen,
wie er mit seligem Segel über das Meer kommt, beschattet von den schweren Trauben eines Weinstocks,
umspielt von dem Schwarm der Delphine. Immer fand Exekias für die innere Größe seiner Gestalten die
rechte Form die entsprechende äußere Größe. Sein Drang zur Monumentalität fand schließlich Erfüllung
in einem Zyklus von Tafelbildern mit Darstellungen einer Totenfeier, von dem uns noch bedeutende Reste
erhalten sind (Taf. 14—19).
Maßvolle Größe in der Haltung des Einzelnen, inniger Bezug in Freundschaft und Feindschaft von
Zweien, würdige Feier im großen Beisammen der Menschen. — das ist die Welt des Exekias. Wenn wir
die Macht seiner Bilder richtig verspürt haben, müssen wir ihn rühmen. Denn er hat den menschlichen
Dingen dieselbe Würde gegeben wie den göttlichen, und er hat den Göttern dieselbe Tiefe der Empfindung ge-
schenkt, wie sie seine Menschen besitzen. Während in seiner Zeit die Kunst menschlicher und „bürgerlicher“
wird6, zeigt er die übermenschliche Wirklichkeit im Dasein auf. Dort, wo sich das Leben über sich selbst
erhöht, in Feier und Fülle, in Heimkehr und Abschied, in Freundschaft und Kampf und in der Einsamkeit
des Todes, dort stehen seine Gestalten. Kein Taumel göttlicher Raserei, kein Blick in die alltägliche Ge-
schäftigkeit der Menschen und Götter, kein Spiel mit Schmuck und schönen Dingen, sondern der ent-
1 s. unten S. 20ff.
2 Beazley, Att. Vas. 7ff. — Technau, Corolla L. Curtius.
3 ABS. 20.
4 s. unten S. 15.
6 B. Schweitzer, Jahrbuch 44, 1929, 117ss.
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