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Teske, Hans
Thomasin von Zerclaere: der Mann und sein Werk — Heidelberg: Winter, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.47780#0155
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7. Das erste Buch des Welschen Gastes.

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beabsichtigt hätte. Da sieht Chris mann schärfer, wenn er deutlich
einen Trennungsstrich zielst^. (-nrtenna ist eben nicht Vorbereitung
zu dem ethischen System, das der Hauptteil enthält, oortoriia, ist in sich
selbst genug. vortoÄa, Wohlerzogenheit und Wohlerzogensein ist Auf-
gabe und Ziel, nicht Anfang und Weg zu etwas anderem. So wird sie
von den Troubadours, so von dem jungen Thomasin aufgefaßt. Er
beginnt mit Verboten, steigt auf zu Regeln, gipfelt in der Minnelehre.
Ähnlich führt Armut Guilhem von Marsan von der guten Kleidung
zum guten Benehmen, endlich zur Minne selbst als zum Letzten und
Höchsten, ähnlich Garin der Braune, ähnlich lehrt die Oortssia in der
(Mur ä'ainour, ähnlich der Franzose Robert von Blois. Das ist ein
festes System, dessen höchstes Ziel nicht wie in den deutschen Minm-
lehren goto« biilcka oder irgendein Wert außerhalb oder über der Wohl-
erzogenheit ist, sondern ckiu minus, nur sie.
Es ist die ästhetische Weltanschauung der Troubadours. Aus ihr
heraus hat der junge Thomasin seine Minnelehre geschrieben. In ihr
noch wurzelt zu einem Teil das I. Buch des Welschen Gastes. Noch ist
der Verfasser in der neuen geistigen Welt nicht ganz heimisch, noch steckt
ein gut Teil Jugend in ihm, noch hat er die Altäre der alten Götter
nicht verbrannt. Wenn es ihm in den späteren Teilen auch gelingt,
eine Morallehre für den Adel zu schreiben, in christliche Weltanschauung
übertragene antike Prinzipien den Anforderungen seiner Zeit — und
seines Standes anzupassen°°°, im I. Buch ist er noch nicht so weit.
Noch stehen Bildungselemente seiner höfischen Zeit unvermittelt neben
christlich-gelehrten. Jene sind nicht mit diesen verschmolzen, noch weniger
sind sie vollständig überwunden. Das glückt dem Dichter erst im Laufe
der Arbeit, erst in den späteren Teilen seines Werkes.
Im I. Buch preist er Artus noch als Vorbild (1045), im dritten
berichtet er von ihm, daß er in der Hölle sitze (3535ff.). Im I. Buch
gibt er Minneregeln, später spricht er von der Ehe (3995ff.; 10037)
und äußert sich höchst abfällig über den ganzen Frauendienst:
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ZDA. 56 (1919) 151.
Ehrismanri, ebd. 149.
 
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