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Teske, Hans
Thomasin von Zerclaere: der Mann und sein Werk — Heidelberg: Winter, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.47780#0226
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206

II. Thomasin vo» Zerclaere.

Wollte Thomasin den Papst selbst leise tadeln, so hieße das nur, den
Ketzern und Ungehorsamen helfen, dein Kreuzzug schaden, Gottes Gebot
überlioeren. Deshalb kann er sich nicht offen gegen ihn stellen. Wir
sind auf Schlüsse aus seinem Schweigen angewiesen und haben darauf
zu achten, wo er selbständige, andere Gedanken als Jnnocenz äußert.
Das aber ist der Fall da, wo er die Untertanen zur Treue auch gegen
schlechte Herren ermahnt, da, wo er den Kreuzzug dem Kaiser unter-
stellt, vielleicht auch, wo er der geistlichen Hand die Waffen verweigert
und den Theologen au seine theologischen Pflichten erinnert.
Hier spricht er Ansichten aus, denen Wolfger zustimmen dürfte,
Wolfger, der stets des Reiches Ansprüche in Italien vertreten hat, der
dem Kaiser geben wollte, was des Kaisers ist, der zugleich nie in des
Papstes eigenste Rechte eingegriffeu hat. Wolfger hat manches Mal
den Frieden zwischen Machthaber und Volk, zwischen Adel und Bürger-
schaft als Reichslegat in Oberitalien stiften müssen^, er weiß den Ge-
horsam der Untertanen hochzuschätzen. Wolfger hat noch in den letzten
Jahren Otto beraten; er wird auch Friedrichs Entschluß zur Führung
des Kreuzzuges begrüßt haben. Ob er freilich den Papst so hoch gestellt
haben würde, wie es Thomasin tut? An seinem Hofe jedenfalls leben
Männer genug, die anderer Ansicht sind, deren Scheltreden dem glau-
benseifrigen jungen Domherrn übel in die Ohren klingen, gegen die
er cker üristenlieit boubet in Schutz nehmen und verteidigen muß. Auch
darin wird Thomasin nicht allgemeinen Beifall gefunden haben,
daß er so einseitig den berron die Schuld gibt an der unstuete und dem
8tr!t, die die Welt erfüllen. Walther hatte sie dem Papste zugemessen,
mit ihm mancher Zeitgenosse. Auch in Aquileja wird ihm dieser und
jener hochgestellte Ministeriale oder gar Domherr zugsstimmt haben.
Thomasin Muß sich wehren. Darum spricht er gleich zu Anfang mit
entschiedener Schärfe, daher kommt er mehrfach und immer wieder auf
das schon einmal Gesagte zurück.
Im großen und ganzen aber sagt er nichts, was den Ansichten
seines Patriarchen stracks zuwiderliefe. Der Italiener und Prediger
muß natürlich anders sprechen als ein deutscher Reichsfürst und Staats-
mann. Wolfger wird kaum den Papst für so schuldlos gehalten haben,
wie es nach dem Welschen Gaste erscheint. Er würde auch nicht die
Fürsten in einem so hohen Maße belasten, obwohl er Gelegenheit
genug gehabt hat, ihr Her und Hin zu beobachten, das ja auch Walthers
zornigen Tadel hervorruft. Um so mehr mag er seinem Domherrn Zu-
"2 s. o. Abschnitt 2, ferner die von Hompe hg. Urkunde, MJÖG. 23 (1902)

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