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Der Chor der Märtyrer.
durchbebt, die nachchristlichen verharren in seliger Ruhe. Auch die
mächtige, eben erwähnte Frau, die den Blick auf Christus richtet
und mit der Linken einer jüngeren, sich in Angst an sie Schmie-
genden Schutz gewährt, ist in Anschauung versunken.
Man hat in der herrlichen, antikischen Gruppe Eva mit einer
ihrer Töchter, oder Anna mit Maria, oder Beatrice und Rahel ge-
wahren wollen — mit Unrecht. Ungezwungen ergiebt sich die
Deutung, wenn man an der entscheidenden Auffassung der Chöre
festhält. Dann gehört das mächtige, im Blick seine Liebe kündende
Weib zu den christlichen Frauen. Und unter diesen — welche dürfte
eine so ausgezeichnete Stellung, der auf der anderen Seite der
Liebesverkündiger Franz entspricht, beanspruchen dürfen, als Mag-
dalena, die Liebende? Auf sie weist, wie die sinnlich schöne
Bildung des Körpers, so auch die bei ihr Zuflucht suchende Frau
hin — ist doch Magdalena die Patronin der Büsserinnen. Man
erinnert sich daran, dass gerade für sie Vittoria Colonna einen be-
sonderen Kultus hatte; in zwei Sonetten (Barbera Ed. CXIV und
CLVII) vertraut sie sich ihrem Schutze an und feiert in ihrer
,,lebendig glühenden Hoffnung“, in ihrem „von Liebe entbranntem
Herzen“ die den Männern überlegene höhere Kraft.
Der Chor der Märtyrer.
Die Attribute gestatten die Benennung der Heiligen, die,
ihre Marterwerkzeuge als furchtbar belastende Zeugnisse zeigend,
sich, tiefer rechts angebracht, den Verdammten nähern und so den
Übergang von der oberen zur mittleren Zone bilden. Man gewahrt
den jugendlichen Erosartigen Sebastian mit den Pfeilen, Katha-
rina mit dem Rade (die Studie zu ihr erhielt, wie es scheint,
Pietro Aretino zum Geschenk), B 1 asius mit der Hechel, Andreas
mit dem Kreuz und Simon mit der Säge. Zu ihnen gehören
auch die unter Christus auf Wolken sitzenden Bartholomäus
und Laurentius. (Skizze in Haarlem, Verz. 261.) Dass der Letz-
tere, in Rom besonders verehrt, so ausgezeichnet ward, erklärt sich
leicht; auch wurde er den Aposteln gleichgestellt:
Apostolorum supparem
Laurentium Archidiaconum
Pari corona martyrum
Romana sacravit fides
Der Chor der Märtyrer.
durchbebt, die nachchristlichen verharren in seliger Ruhe. Auch die
mächtige, eben erwähnte Frau, die den Blick auf Christus richtet
und mit der Linken einer jüngeren, sich in Angst an sie Schmie-
genden Schutz gewährt, ist in Anschauung versunken.
Man hat in der herrlichen, antikischen Gruppe Eva mit einer
ihrer Töchter, oder Anna mit Maria, oder Beatrice und Rahel ge-
wahren wollen — mit Unrecht. Ungezwungen ergiebt sich die
Deutung, wenn man an der entscheidenden Auffassung der Chöre
festhält. Dann gehört das mächtige, im Blick seine Liebe kündende
Weib zu den christlichen Frauen. Und unter diesen — welche dürfte
eine so ausgezeichnete Stellung, der auf der anderen Seite der
Liebesverkündiger Franz entspricht, beanspruchen dürfen, als Mag-
dalena, die Liebende? Auf sie weist, wie die sinnlich schöne
Bildung des Körpers, so auch die bei ihr Zuflucht suchende Frau
hin — ist doch Magdalena die Patronin der Büsserinnen. Man
erinnert sich daran, dass gerade für sie Vittoria Colonna einen be-
sonderen Kultus hatte; in zwei Sonetten (Barbera Ed. CXIV und
CLVII) vertraut sie sich ihrem Schutze an und feiert in ihrer
,,lebendig glühenden Hoffnung“, in ihrem „von Liebe entbranntem
Herzen“ die den Männern überlegene höhere Kraft.
Der Chor der Märtyrer.
Die Attribute gestatten die Benennung der Heiligen, die,
ihre Marterwerkzeuge als furchtbar belastende Zeugnisse zeigend,
sich, tiefer rechts angebracht, den Verdammten nähern und so den
Übergang von der oberen zur mittleren Zone bilden. Man gewahrt
den jugendlichen Erosartigen Sebastian mit den Pfeilen, Katha-
rina mit dem Rade (die Studie zu ihr erhielt, wie es scheint,
Pietro Aretino zum Geschenk), B 1 asius mit der Hechel, Andreas
mit dem Kreuz und Simon mit der Säge. Zu ihnen gehören
auch die unter Christus auf Wolken sitzenden Bartholomäus
und Laurentius. (Skizze in Haarlem, Verz. 261.) Dass der Letz-
tere, in Rom besonders verehrt, so ausgezeichnet ward, erklärt sich
leicht; auch wurde er den Aposteln gleichgestellt:
Apostolorum supparem
Laurentium Archidiaconum
Pari corona martyrum
Romana sacravit fides