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Cranach, Lucas; Cranach, Lucas; Thulin, Oskar [Hrsg.]
Cranach-Altäre der Reformation — Berlin, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.28672#0170
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nun nicht Sünde sondern gut, daß ich Christus’ Bild im Herzen habe, warum sollts Sünde sein,
wenn ich’s in den Augen habe ? Sintemal das Herz mehr gilt denn die Augen und weniger
soll mit Sünden befleckt sein denn die Augen, als das da ist der rechte Sitz und Wohnung
Gottes.«87

Wieder ist es das Jahr 1529, in dem Luther88 die Bilder als eine sichtbare Predigt in weitestem
Umfange eingesetzt sehen will. Er schreibt in der Vorrede zum Passionsbüchlein, das zusam-
men mit dem Betbüchlein in diesem Jahr erschien:»... Denn ichs nicht für böse achte, so man
solche Geschichte auch in Stuben und in Kammern mit den Sprüchen malte, damit man Gottes
Werk und Wort an allen Enden immer vor Augen hätte, und daran Furcht und Glauben
gegen Gott übet. Und was sollte es schaden, ob jemand alle vornehmlichen Geschichten der
ganzen Bibel also ließ nacheinander malen in ein Büchlein, daß ein solches Büchlein eine
Laienbibel wäre und hieße? Fürwahr man kann dem gemeinen Mann die Worte und Werke
Gottes nicht zu viel oder zu oft Vorhalten. Wenn man davon singet und saget, klinget und
predigt, schreibt und liest, malt und zeichnet, so ist dennoch der Satan immerdar allzu stark
und wacker, dasselbige zu hindern und unterdrücken mit seinen Engeln und Gliedern, daß
solch unser Vornehmen und Fleiß nicht allein gut, sondern wohl auch not und auf’s Höchste
not ist.

Ob aber das die Bilderstürmer werden verdammen oder verachten, da liegt mir nichts an. Sie
bedürfen unsere Lehre nicht, so wollen wir ihre Lehre nicht und sind also bald geschieden.
Mißbrauch und falsche Zuversicht an Bildern habe ich allezeit verdammt und gestraft, wie in
allen andern Stücken. Was aber nicht Mißbrauch ist, habe ich immer lassen und heißen bleiben
und halten, also daß man es zu nützlichem und seligem Brauch bringe.«89
Der Sachverhalt und das Bild stehen in einem Symbolverhältnis, im Text der Bibel wie im ge-
malten Bild: »Das sind eitel verba allegorica«90, aber es ist die der unsichtbaren Wirklichkeit
entsprechende adäquate Sprachform: »Also ist viel weniger mit Worten oder Gedanken zu
fassen, wie er zur Hölle gefahren ist, sondern weil wir ja müssen Gedanken und Bilde fassen
des, das uns in Worten vorgetragen wird, und nichts ohne Bild denken noch verstehen können,
so ist fein und recht, daßman’s dem Worte nach ansehe, wieman’s malet, daß er mit der Fahne
herunter fähret, die Höllenpforten zerbricht und zerstört und sollen die hohen unverständ-
lichen Gedanken anstehen lassen.«91

Dieses grundsätzliche Verständnis von Wort, Sprache, Sprachform, Symbol und Bild im Blick
auf die Wirklichkeit der Glaubens weit ist die Voraussetzung für Luthers sachliche Zusammen-
arbeit mit Cranach, und da ihm bei Cranach wieder die Offenheit und innere Zustimmung
zum reformatorischen Verständnis von Bibel und Kirche entgegenkam, konnte die Zusam-
menarbeit sehr eng sein, wie wir es aus vielen Beispielen wissen, und schließlich auch zu
Cranachs Altären der Reformation führen, die uns über vier Jahrhunderte hinweg noch heute
so umnittelbar anreden als sichtbares Wort Gottes, als anschaubare Verkündigung.

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