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Tietze, Hans
Die französische Malerei der Gegenwart — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 88: Leipzig: Seemann, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.67610#0022
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kaum aufrechtzuhalten. Allen Tendenzen ent-
sprechen Gegenzüge, allen Grundkräften kontra-
stierende Ergänzungen. Auch die französische
Kunstbegabung, deren Umfang eine jahrhunderte-
lange reiche Auswirkung bezeugt, ist nicht in eine
enge und eindeutige Definition einzuspannen; durch
Blutmischung, kulturellen Einfluß und individuelle
Veranlagung hängt sie hundertfältig mit Bestre-
bungen zusammen, die anderen Gruppen der euro-
päischen Völkerfamilie stärker eigentümlich sind.
Dem Nordländer, dem das Streben nach Strenge
und Beinheit großer Form ferner liegt, sind jene
Erscheinungen von besonderem Interesse, in denen
ein nordischem Kunstgefühl verwandtes Element
wahrnehmbar wird, in denen also ein allgemeinerer
Klang den französischen Grundton erweitert und
bereichert.
Die in satter Farbigkeit durchgebildeten Bilder
Le Fauconiers, seine schweren Akte und fetten
Blumen, zeigen eine deutliche Wahlverwandtschaft
mit Holland; über den holländischen Van Gogh
wirkt die klassische Malerei dieses Landes im sieb-
zehnten Jahrhundert in die farbige und geistige
Atmosphäre Le Fauconiers hinein. Anders macht
sich jener Einschlag bei dem Nordfranzosen Gro-
maire bemerkbar, der in methodischer Arbeit um
einen Aufbau aus Figuren und Baum ringt. Hier
— bei dem jüngsten der von uns genannten Künst-
ler — erscheint das vom Kubismus Angestrebte
am meisten zur Voraussetzung geworden, zur

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