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Tillessen, Rudolf
Das Grossherzogliche Schloss zu Mannheim: ausgewählte Innendekorationen — Mannheim, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.1699#0005
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icht Publikationsbedürfniss, nicht Lokalpatriotismus, oder ein ähnliches persönliches Gefühl, sondern lediglich
Bedauern über die dem grössten der deutschen Fürstensitze aus vergangener Zeit in der einschlägigen Literatur
zu Theil werdende Vernachlässigung veranlasst den Schreiber dieses zu nachstehender Publikation, dabei der
grösseren I teffentlichkeit die Entscheidung überlassend, ob und wie weit diese Vernachlässigung eine verdiente ist, oder
nicht. lHs mag von vornherein gesagt sein, dass dieser Versuch die Stellung des Mannheimer Schlosses in der einschlägigen
Fachliteratur zu rektifn iren, weder eine in allen Theilen abgeschlossene Studie, noch ein Vorbildwerk für Architekten- und
Kunstgewerbetreibende sein soll. Der Verfasser hat, was er bei seinem standigen Aufenthalt in Mannheim gesehen, was
er Heb gewonnen hat, worüber er sich im Laufe der Zeit orientiren konnte, gesammelt, und würde sich für seine Mühe
belohnt erachten, wenn dadurch die Aufmerksamkeit weiterer speziell fachgenossischer Kreise auf dieses in kunst- und
kulturhistorischer Hinsicht interessant*' Baudenkmal hingelenkt wurde. Manche interessante Einzelheit, manches Nennens-
werthe musste, weil es über den Rahmen der gesetzten Aufgabe hinausging, weggelassen werden.

Wie der Titel andeutet, ist bei den Reproduktionen einzig Werth auf Wiedergabe der Innenräume gelegt.

Das «Schloss» bildet in lokaler, wie in historischer Hinsicht das Ruckgrat der Stadt Mannheim. Mit seiner
riesigen Masse in der Vergangenheit wurzelnd, bildet es einen merkwürdigen Gegensatz zu der im Laufe kürzester Zeit
sich im modernsten Sinne entwickelnden Handelsmetropole.

/wischen Rhein und innerer Stadt legt sich in mächtigster Ausdehnung das ehemalige kurpfälzische Residenz-
schloss. Seine äussere Erscheinung zeigt dem Beschauer einen riesigen vielgegliederten Baukomplex. Von dem kräftig
betonten Mittelbau erstrecken sich nach beiden Seiten mächtige Seitenflügel, die, zuerst sich nach vorn wendend, hier einen
riesigen Vorhof, die eigentliche Cour d'honneur einschliessen, dann längs der Stadt in weiterer Entwickelung hinlauten,
und nach rückwärts sich ausdehnend, weitere, ansehnliche Hute bilden. Mächtige Thorbogen unterbrechen die sich breit
dahin lagernden Mauerflachen. Jeweils die Ecken sind durch hochragende Pavillons mit reichen Balustraden betont.
Der Mittelbau wiederum erhält seinen besonderen architektonischen Ausdruck durch das gewaltige Treppenhaus mit seiner
grossen Terrasse und durch den darunterliegenden, den ganzen Schlossbau hoch überragenden Rittersaal.

Das Erdgeschoss ist im mittleren Hofe durch Arkadenreihen ausgezeichnet; darüber erhebt sich das Hauptgeschoss
und mit diesem in einzelnen Bautheilen durch architektonische Gliederung verbunden, ein Mezzanin. Ueber dem Rittersaal
und an den Pavillon-Bauten sieht man noch ein weiteres Vollgeschoss.

Die Architektur des ganzen Baues, würdig und einfach, trägt die Signatur des über Holland bezogenen und
mehr nüchternen Baroccos in seiner ersten Periode. Lasst derselbe auch einen eigentlich künstlerischen Aufschwung
vermissen, so ist durch verständige Vertheilung der Hauptmassen, durch sorgfältige n derselben eine angenehme

Harmonie in das ganze gebracht; durch Herausheben einzelner Bautheile des Mittelbaues, der Eckpavillons, der Hofkapelle,
der jetzigen altkatholischen Kirche und der Bibliothek ist Abwechslung erzeugt.

des Grundrisses geht am besten Hand in Hand mit einer kurzen historischen Entwicklung

Vorher werden noch einige Zahlen von Interesse sein, die von der Grösse und Ausdehnung des Schlosses einen
ungefähren Begriff geben.

Die abgewickelte Frontlänge des Schlosses beträgt 850 Meter, der Flächeninhalt 6 Hektar. Als Lichtöffnungen
des Schlo i iter.

S< hon bei Anlage der Festung durch den Niederlander < renerallieutenant Menno v. Coehorn im Jahre 1698 edem
bau der Niederlande wird die Anlage eines Schlosses in der früheren Friedrichsburg besprochen worden sein.
1 rM hörn arbeitete viel mit dem aus Paris ausgewanderten und gleich ihm in den Dienst Wilhelms von Oranien
stehenden Daniel Marot (1650- 1712) zusammen. Von diesem, der 1712 starb, also noch wahrend der Regierungszeit
[ohann Wilhelms, existirt die rier Residenzschlossanlage in Mannheim. Jedenfalls war es also eine

alle Absicht, die aufgenommen wurde, als Karl Philipp mit der Verlegung seiner Residenz nach Mannheim gleichzeitig
den Bau des Schlosses befahl.
 
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