I. Regia.
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für die Entstehungszeit beweisend. Wie aus unserer Zusammenstellung römischer Gebälk-
profile hervorgehen wird, zeigen gerade die frühen Formen jene selbständige Führungund eine
gewisse Unbekümmertheit in den Verhältnissen zueinander, während die Zeit des Septi-
mius Severus und Caracalla ein Zusammen- und Ineinanderfließen der Profile bevorzugt.
In demselben Sinn zeugen Hängeplatte, Konsolen und Zahnschnitt (B und C). Sie sind
merkwürdigerweise gerade in umgekehrter Richtung geneigt, nämlich nach innen, statt
nach außen, wie man es für eine doch ursprünglich der Holzform nachempfundene Stein-
form vermuten muß. Diese Unsicherheit der Profilführung steht in starkem Gegensatz
zu den gewandten, barock geformten Gebilden der Severuszeit. — Die glatte Unterseite
der Hängeplatte wird durch Kon-
solen getragen. Ihre Form ist selt-
sam, ihre Bekrönung hölzern mager.
Wir beachten auch die flache Fül-
lung in der etwas unbeholfen ge-
zeichneten Schweifung des Konsol-
profils. Am nächsten stehen dieser
Bildung die Konsolen vom Gebälk
des Saturntempels, das trotz des
späten Umbaus sicher vom alten
Bau des Caesar herrührt1 (Abb. 6)
und dieKonsolen vom Magna-Mater-
Tempel auf dem Palatin2 (Abb. 5).
Es ist die gegen rückwärts ausge-
bauchte Form, die sich dann zu der
liegenden S-Form entwickelt und
auch in Pergamon an einem Gebälk
vom Torhof der Burg3 im Athena-
heiligtum vorkommt4. Zwischen den
Konsolen befinden sich verschie-
dene Füllungsornamente; auf unse-
rer Tafel I ist eine Art Pinienzapfen
gezeichnet. F. O. Schulze zählte
nicht weniger als zwölf verschiedene
Motive. Alle sind flach modelliert,
und nur auf die Unterseite der Co-
rona aufgelegt, nicht in vertiefte
Kassetten eingesetzt. Das ist die gleiche Art, wie sie am Geison des Divus Julius-Tempels5
(Abb. 7) vorkommt, ebenso an dem schon genannten Gesims des Saturntempels, am sog.
Atrium Silvani6 und zwei anderen kleinen Gebäuden der frühen augustischen Zeit und
Abb. 4. Geison der Regia nacli Jahrb. d. Arch. Inst. IV (1889) S. 243.
1 Canina, Edifizi II, Taf. 32; vgl. dazu Rom. Mitt. 1906, S. 276.
3 Hülsen, Rom. Mitt., 1895, iff.; Dürrn2, S. :I4, Fig. 126. Das Gesims des Matertempels nach eigener Aufnahme.
Über die Bauzeit: Rom. Mitt. 1906, S. 277 Anm. 2.
3 Altertümer von Pergamon. Textb. 2, S. 81.
4 Ausführlicher sind die Konsolenformen zusammengestellt und verglichen im zweiten Teil.
5 Daß dieses einer „späten Zeit" angehören soll, wie Richter (Jahrb. IV, 1889, S. 144) ohne Beweise oder Anhalts-
punkte behauptet, ist nach unsern Forschungen und nach dem nun vorliegenden genauen Abbildungsmaterial der Toebelmann-
Tafeln gänzlich ausgeschlossen. Das Gesims gehört zum ersten (und einzigen) Bau des Caesar-Tempels, wie ich schon Rom.
Mitt. 1906, S. 276 ausgesprochen habe.
6 Canina, Edif. VI, Taf. 46, Fig. 3; vgl. auch VI, Taf. 89, Fig. 7 und VI, Taf. 75, Fig. 1.
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für die Entstehungszeit beweisend. Wie aus unserer Zusammenstellung römischer Gebälk-
profile hervorgehen wird, zeigen gerade die frühen Formen jene selbständige Führungund eine
gewisse Unbekümmertheit in den Verhältnissen zueinander, während die Zeit des Septi-
mius Severus und Caracalla ein Zusammen- und Ineinanderfließen der Profile bevorzugt.
In demselben Sinn zeugen Hängeplatte, Konsolen und Zahnschnitt (B und C). Sie sind
merkwürdigerweise gerade in umgekehrter Richtung geneigt, nämlich nach innen, statt
nach außen, wie man es für eine doch ursprünglich der Holzform nachempfundene Stein-
form vermuten muß. Diese Unsicherheit der Profilführung steht in starkem Gegensatz
zu den gewandten, barock geformten Gebilden der Severuszeit. — Die glatte Unterseite
der Hängeplatte wird durch Kon-
solen getragen. Ihre Form ist selt-
sam, ihre Bekrönung hölzern mager.
Wir beachten auch die flache Fül-
lung in der etwas unbeholfen ge-
zeichneten Schweifung des Konsol-
profils. Am nächsten stehen dieser
Bildung die Konsolen vom Gebälk
des Saturntempels, das trotz des
späten Umbaus sicher vom alten
Bau des Caesar herrührt1 (Abb. 6)
und dieKonsolen vom Magna-Mater-
Tempel auf dem Palatin2 (Abb. 5).
Es ist die gegen rückwärts ausge-
bauchte Form, die sich dann zu der
liegenden S-Form entwickelt und
auch in Pergamon an einem Gebälk
vom Torhof der Burg3 im Athena-
heiligtum vorkommt4. Zwischen den
Konsolen befinden sich verschie-
dene Füllungsornamente; auf unse-
rer Tafel I ist eine Art Pinienzapfen
gezeichnet. F. O. Schulze zählte
nicht weniger als zwölf verschiedene
Motive. Alle sind flach modelliert,
und nur auf die Unterseite der Co-
rona aufgelegt, nicht in vertiefte
Kassetten eingesetzt. Das ist die gleiche Art, wie sie am Geison des Divus Julius-Tempels5
(Abb. 7) vorkommt, ebenso an dem schon genannten Gesims des Saturntempels, am sog.
Atrium Silvani6 und zwei anderen kleinen Gebäuden der frühen augustischen Zeit und
Abb. 4. Geison der Regia nacli Jahrb. d. Arch. Inst. IV (1889) S. 243.
1 Canina, Edifizi II, Taf. 32; vgl. dazu Rom. Mitt. 1906, S. 276.
3 Hülsen, Rom. Mitt., 1895, iff.; Dürrn2, S. :I4, Fig. 126. Das Gesims des Matertempels nach eigener Aufnahme.
Über die Bauzeit: Rom. Mitt. 1906, S. 277 Anm. 2.
3 Altertümer von Pergamon. Textb. 2, S. 81.
4 Ausführlicher sind die Konsolenformen zusammengestellt und verglichen im zweiten Teil.
5 Daß dieses einer „späten Zeit" angehören soll, wie Richter (Jahrb. IV, 1889, S. 144) ohne Beweise oder Anhalts-
punkte behauptet, ist nach unsern Forschungen und nach dem nun vorliegenden genauen Abbildungsmaterial der Toebelmann-
Tafeln gänzlich ausgeschlossen. Das Gesims gehört zum ersten (und einzigen) Bau des Caesar-Tempels, wie ich schon Rom.
Mitt. 1906, S. 276 ausgesprochen habe.
6 Canina, Edif. VI, Taf. 46, Fig. 3; vgl. auch VI, Taf. 89, Fig. 7 und VI, Taf. 75, Fig. 1.