Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
96

F. Toebelmann : Römische Gebälke.

hervorruft. Bei Laubwerkfriesen ist eine Betonung der mittleren Blüten durch starkes
Relief sehr naheliegend. Auch die großen Blattbüschel, aus denen Ranken hervorwachsen,
veranlassen eine gewisse Erhebung des Reliefs gegen die Mitte des Frieses. Je niedriger
nun der ganze Streifen wurde, um so eher war es Bedürfnis ihn stark plastisch zu betonen,
seine Einzelheiten dadurch wirksam zu gestalten, und durch tiefe Umbohrung noch zu steigen.
So mag als ideale Umrißlinie ungefähr eine Bauchform entstehen, die zugleich als das
Rohprofil des Frieses zu gelten hat, wie es die Rückseite zeigt. In dieser ausgewölbten
Frieskontur liegt dann wohl etwas Gepreßtes, Unruhiges, für sich allein Unverständliches;
in den gedrückten Verhältnissen aber die Notwendigkeit lang ausgezogener Ranken, über-
haupt die Wahl kleiner Formen. Damit wird zugleich eine größere maßstäbliche Über-
einstimmung der ganzen Ornamentik des Gebälks erreicht, was als ein entscheidender
Fortschritt zur Vereinheitlichung des ganzen Gebälks, zur Verwischung der ursprünglichen,
dreiteiligen Form anzusehen ist.

G. Die Architravbekrönung bringt nichts eigentlich Neues. Es ist das lesbische Kyma
mit dem Kleeblattbogenmotiv. Man erkennt immer noch die verwischten trajanischen
Vorbilder daran. Aber die Bögen haben nun kein Kanalprofil mehr, sie liegen stumpf in
der Fläche des Rohprofils; die Öse stößt beinahe an den oberen Rand an; sie ist breit, wie
denn auch das ganze Motiv stark gedehnt ist gegenüber trajanischen Beispielen. Dem
kugeligen Ansatz des Zwischenblattes folgt nach unten eine flachgedrückte Blüte von
gänzlich primitiver Form; genau die gleiche Art, wie sie in der Sima (A) vorkommen.
Ihre Umrißlinie ist nur durch Vertiefung des Grundes an der Fläche des Rohprofils heraus-
geschnitten; eine eigene Modellierung hat sie nicht mehr. Auch im Hauptblatt ist der
stehende Blütenkelch nur durch tiefe Umbohrung losgetrennt; statt eines Überfalls der
beiden Blütenblätter ist ein schwacher Einschnitt mit Bohrloch darauf gezeichnet. Ähnlich
sind auch die Einzelheiten am Kyma des Architravs am großen Bogen des Septimius
Severus. Vielleicht hat Desgodetz (S. 96) Recht, wenn er sagt, daß dies kleine Monument
von den gleichen Arbeitern geschaffen zu sein scheine, wie der große Bogen — zumal es
nur ein Jahr nach dessen Vollendung dediziert worden ist.

Daß auch die Unterseite der Architrave über dem Durchgang durch ein reiches Ranken-
ornament belebt wird, wundert uns nach dem Vorhergehenden nicht. Die Aufnahme von
F. Toebelmann läßt erkennen, daß eine Kymatien-Einfassung mit Akanthusblättern
und kleinen Zwischenblüten den Rahmen des Feldes bildet, in dem sich der ornamentale
Streifen entwickelt. Seinen Anfang macht eine Fassung aus vier breiten quergerillten
Bändern. Mehr gibt unsere Tafel nicht. Das Weitere zeichnet Desgodetz1, aber ohne
recht den dazu passenden Charakter zu treffen.

Auch die Innenseite trägt eine reiche Ausstattung mit Kymatien und Rankenfries.
Eine steinerne Kassettendecke mit dem üblichen Schmuck von Blattrosen und Zierleisten
bildet den Abschluß des kleinen Durchgangsraumes. Einzelheiten davon geben Desgodetz1
und Canina2. Der ganze Reichtum des Gebälkes setzt sich also im Innern fort, ebenso
wie Reliefs und Pilasterornamente der Pfeiler auch im Tordurchgang wiederholt werden.
Die Einheitlichkeit des Stils wird hier nachdrücklichst betont. Statt einer architek-
tonischen Struktur geben die Formen ein verhüllendes Gewand. Trotz
der größten Verwandtschaft der formalen Einzelheiten mit denen des großen Severus-
Bogens bleibt dort der Gesamteindruck wesentlich härter und strenger. Es mag an den
größeren Verhältnissen liegen, aber auch an der stärker gebundenen Tradition, die dort
mehr an die offiziellen Monumente der Vorgänger sich anzuschließen bestrebte, während
unser kleines Denkmal fast etwas Volkstümliches zu haben scheint. F.

1 a. 0. S. 99. 2 a. 0. Taf. 253 u. 254.
 
Annotationen